von Hartmut Buschke
Es war eine Buchlesung der besonderen Art, die am vergangenen Donnerstagabend mehr als 30 Besucher in Bluhms Hotel und Restaurant in Kyritz zusammenbrachte, denn gelesen wurde eigentlich nicht. Der parlamentarische Geschäftsführer der Linksfraktion im Bundestag, Ulrich Maurer, sprach über sein Buch "Eiszeit". Unterstützt wurde er von seiner Abgeordnetenkollegin, der heimischen Bundestagsabgeordneten Kirsten Tackmann, die die Moderation übernahm. Eingeladen hatte die Gebietsorganisation Kyritz, Neustadt, Wusterhausen der Linkspartei-PDS. Ulrich Maurer sprach zu Beginn über seinen Lebensweg, der von Gerechtigkeitssinn und Humanismus geprägt war und ihn von einem katholischen Elternhaus bis hin zur linken Sozialdemokratie führte. In der SPD war er langjährig Landes- und Landtagsfraktionschef und Präsidiumsmitglied. Mit der Agenda 2010 hatte sich die SPD-Führung von seinen Idealen so weit entfernt, dass er ihr nicht mehr folgen wollte und 2005 die SPD nach 35 Jahren Mitgliedschaft verließ. Zuvor hatte er sich noch vergeblich mit einem viel beachteten Brandbrief an den Parteivorstand gewandt, mit dem dringenden Aufruf, das Ruder herumzureißen. Seine neue politische Heimat fand er dann gleich in zwei Parteien, der WASG und die Linke-PDS, weil nur eine geeinte Linke für ihn noch Sinn machte. Dieser Mann kann so lebhaft und konzentriert erzählen, dass man gerne zuhört. Geschickt setzt er sein beeindruckendes Faktenwissen ein, um die Analyse der Weltlage zu untermauern. Seine klare Sicht auf die globalen Energieverteilungskämpfe, die Machtkonzentration bei wenigen Weltkonzernen und die Unterordnung nationaler Politik unter diese Interessen, ist eine gute Basis für das Verständnis der aktuellen Tagespolitik. Aber Ulrich Maurer will mehr. In seinem Buch beschreibt er, wie er sich eine neue Gesellschaft vorstellt. Die Fragen aus dem Publikum bewiesen, dass gerade dieses Thema viele Menschen bewegt. Durch die jahrelange Sozialabbaupolitik wurde weltweit so viel Ungerechtigkeit geschaffen, dass sich immer mehr Bürgerinnen und Bürger für alternative Politikkonzepte interessieren. Im Bundestag sehen sich viele schon lange nicht mehr vertreten. Schließlich fand es auch Ulrich Maurer bemerkenswert, dass die Mehrheit im Bundestag anders entscheidet, als die Mehrheit der Bevölkerung. Ob bei der Rente mit 67 oder dem Tornadoeinsatz in Afghanistan, die Umfragen belegen, das Volk hätte eindeutig anders entschieden. Beim Kampf gegen das Bombodrom in der Kyritz – Ruppiner Heide geht es schon lange nicht mehr nur um ein regionales Problem, sondern auch um die grundsätzliche Ablehnung von Militäreinsätzen im Ausland. Es war erfrischend, an diesem Abend zu sehen, wie zwei Bundestagsabgeordnete, die eine mit DDR-Biografie und der andere mit Westerfahrung, die gleichen Probleme benennen und die gleichen Lösungsansätze anbieten.