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!! ACHTUNG!! DIESE SEITE WIRD NICHT MEHR AKTUALISIERT. Bitte wenden Sie sich mit Ihren Anliegen nach dem Ende des Mandats von Dr. Kirsten Tackmann am 26.10.2021 an die aktuelle Linksfraktion im Bundestag. Für die vertrauensvolle Zusammenarbeit und konstruktive Kritik der vergangenen 16 Jahre möchten wir uns an dieser Stelle herzlich bedanken.

Mit dem Gesetzentwurf zur Änderung des Energiesteuergesetzes will die Bundesregierung den Ländern eine Zahlung des Selbstbehaltes von 350,- Euro an die Landwirtschaftsbetriebe ermöglichen, die eine Rückvergütung der Agrardieselsteuern beantragen. Die LINKE hält diesen Gesetzentwurf für lächerlich und fordert eine umfassende Reform der Agrardieselbesteuerung. Die Kappung der Rückvergütung bei 10000 Litern Jahresverbrauch muss gestrichen werden. Kurzfristig bedeutet das für viele Betriebe eine deutliche Liquiditätshilfe, wie Dr. Kirsten Tackmann in ihrer Rede zur ersten Beratung des Gesetzentwurfs verdeutlicht. Mittel- und langfristig muss ein Umstieg auf regenerative Kraftstoffe in der Landmaschinenflotte forciert werden.

Rede zur ersten Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Energiesteuergesetzes, Drucksache 16/10032; die Rede wurde zu Protokoll gegeben

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,

Das deutsche Steuerrecht bleibt ein aufgeblähtes, chaotisches Spielfeld der jetzigen und aller in Aussicht gestellter Koalitionen. Das gilt auch für die Energiebesteuerung.

Mit dem vorliegenden Antrag soll jetzt an einem der kleinsten Schräubchen gedreht werden ohne die Probleme des Gesamtsystems aufzugreifen.

Den Ländern soll die Möglichkeit eingeräumt werden, den so genannten Selbstbehalt bei der Rückvergütung der Agrardieselsteuer in Höhe von 350 Euro pro Betrieb und Jahr abzuschaffen. 2005 ist dieser Selbstbehalt erst eingeführt worden, übrigens zusammen mit einer Kappung der Agrardieselrückerstattung bei maximal 10.000 Liter – eine ungerechtfertigte deutliche Benachteiligung der ostdeutschen Agrarstrukturen. Übrigens haben die ostdeutschen Ministerpräsidenten dem damals zugestimmt.

Jetzt haben wir das Jahr 2009, genauer Wahljahr 2009, und der Selbstbehalt von 350 Euro soll fallen. Die Länder sollen den Betrieben auf Antrag aus den eigenen Landeshaushalten diese Summe auszahlen können.

350 Euro pro Betrieb und Jahr sind angesichts der schwierigen Situation in vielen Agrarbetrieben eher kläglich. Ich verstehe ehrlich gesagt – auch angesichts des bürokratischen Aufwandes dieser Auszahlung – wenn einige Landesagrarminister wie zum Beispiel der aus Brandenburg bereits angekündigt haben, darauf zu verzichten.

Aber der eigentliche Skandal ist der Vorschlag, nur den Selbstbehalt zurückzunehmen, nicht aber die Kappung der Steuerrückvergütung! Das würde die Ungleichbehandlung der ostdeutschen Agrarbetriebe weiter verschärfen und das ist für uns LINKE absolut inakzeptabel. Es ist auch der schwierigen Situation in den ländlichen Räumen Ostdeutschlands nicht angemessen.

Mühsam haben CDU/CSU der SPD dieses Taschengeld für die süd- und südwestdeutsche Wählerklientel abgerungen. Aber es ist ein fauler Kompromiss, wenn nicht auch die Kappungsgrenze fällt.

Aus Sicht der LINKEN gibt es viele dringende Gründe für eine umfassende Reform der Agrarsteuern mit dem Ziel eines EU-weit harmonisierten, gerechten Systems.

Dennoch erkennen wir an, dass in der aktuellen Situation vielen notleidenden Betrieben kurzfristig mit einer umfassenden Rückvergütung der gesamten Agrardieselsteuer Liquidität verschafft werden kann, die dringend gebraucht wird. Gerade die dramatisch sinkenden Erzeugerpreise rechtfertigen eine solche Soforthilfe.

Denn betrachtet man den Agrardiesel isoliert, sind real existierende Unterschiede zu unseren europäischen Nachbarn nicht zu übersehen. In Frankreich werden so gut wie keine Steuern auf Agrardiesel gezahlt, während die Betriebe in Deutschland mit 47 Cent pro Liter Diesel rechnen müssen. Dieser Unterschied macht bei Agrargenossenschaften zum Beispiel schnell einen vollwertigen Arbeitsplatz aus! Der Raiffeisenverband hat es berechnet: über 55.000 Euro bezahlt eine durchschnittliche große ostdeutsche Agrargenossenschaft zur Bewirtschaftung von 1.400 Hektar als Dieselsteuer.

Angesichts offener innereuropäischer Grenzen brauchen wir allerdings mittelfristig eine Harmonisierung der Besteuerung sämtlicher Produktionsmittel und nicht nur eine Anpassung beim Agrardiesel.

Auch aus umweltpolitischen Gründen kann die Agrardiesel-Rückerstattung aus unserer Sicht nur eine kurzfristig angelegte Übergangslösung sein.

Langfristig muss die Biokraftstoffstrategie aus Sicht der LINKEN korrigiert und endlich auf den richtigen Weg gebracht werden. Das heißt zum Beispiel die Umstellung der Landmaschinenflotte auf regenerative Kraftstoffe zu fördern. Bisherige Anreize sind offensichtlich ungeeignet, einen nennenswerten Eigenverbrauch an Biotreibstoffen in der Landwirtschaft zu erreichen. Hier muss endlich gehandelt werden. Neben direkten, finanziellen Anreizen brauchen die Betriebe offensichtlich auch technische und wissenschaftliche Unterstützung.

Die Landwirtschaft kann damit einen deutlich höheren Beitrag zur CO2- Senkung leisten und gleichzeitig über regional erzeugte und verwendete Biodiesel-, Pflanzenöl- oder Biogas- Kraftstoffe auch Arbeitsplätze schaffen oder erhalten.

Das würde mehr zur Lösung der Probleme beitragen, als der hier vorliegende Vorschlag.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!