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!! ACHTUNG!! DIESE SEITE WIRD NICHT MEHR AKTUALISIERT. Bitte wenden Sie sich mit Ihren Anliegen nach dem Ende des Mandats von Dr. Kirsten Tackmann am 26.10.2021 an die aktuelle Linksfraktion im Bundestag. Für die vertrauensvolle Zusammenarbeit und konstruktive Kritik der vergangenen 16 Jahre möchten wir uns an dieser Stelle herzlich bedanken.

Die FDP fordert in ihrem Antrag zur Agrardieselbesteuerung eine generelle Senkung der Steuern für fossilen Agrardiesel. Für die LINKE ist das rückwärtsgewandt. Eine pauschale Senkung bringt die verkehrten Anreize. "Ungerechtigkeiten in der Dieselbesteuerung müssen abgebaut und Anreize für eine nachhaltige, Kosten mindernde Kraftstoffnutzung in der Landwirtschaft gesetzt werden", erläutert Dr. Kirsten Tackmann in ihrer Rede am 12. Februar 2009 im Bundestag.

Rede zur 1. Lesung des Antrags der Fraktion der FDP "Agrardieselbesteuerung senken – Wettbewerbsnachteile der deutschen Landwirtschaft abbauen", Drucksache 16/11670

Frau Präsidentin! Liebe Gäste! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Kommen wir doch zurück zum eigentlichen Thema dieser Debatte, zum Agrardiesel. CMA ist ein anderes Thema. Ich sollte auch darauf verweisen, dass es da durchaus berechtigte Kritik gab und noch gibt.

Richtig ist, dass es bei der Agrardieselbesteuerung zwischen den EU-Mitgliedstaaten trotz gemeinschaftlicher Agrarpolitik wirklich große Unterschiede gibt; das ist klar. Richtig ist auch, dass es dabei um viel Geld geht. Der Raiffeisenverband hat ausgerechnet, dass eine durchschnittliche deutsche Agrargenossenschaft mit 1 400 Hektar bewirtschafteter Fläche einen Kostennachteil von 55 600 Euro pro Jahr gegenüber einem französischen Betrieb von derselben Größe hätte, der quasi keine Dieselsteuer zahlt.

Aber Diesel ist eben nicht alles, was ein Bauer braucht. Pflanzenschutzmittelsteuer, Düngemittelsteuer und Mehrwertsteuer belasten Landwirtschaftsbetriebe in anderen Mitgliedstaaten zusätzlich. Nur wenn alle anderen Wettbewerbsbedingungen in der EU gleich wären, wäre die Agrardieselbesteuerung ein klarer Wettbewerbsnachteil für die einheimischen Betriebe. Wenn wir ehrlich sind, müssen wir feststellen: So simpel ist es eben nicht, zumal wir uns in einer Übergangsphase befinden, in der die Harmonisierung im Agrarsektor Schritt für Schritt vollzogen wird. Deshalb ist aus Sicht der Linken die Debatte über die Ungerechtigkeit innerhalb des deutschen Agrardieselbesteuerungssystems viel wichtiger.

Unser System diskriminiert zwei verschiedene Kategorien von Betrieben es ist schon angeklungen :

Erstens: Betriebe, die größere Flächen bewirtschaften; denn sie bekommen ab der Kappungsgrenze 10 000 Liter Diesel keine Steuerrückerstattung mehr. Zweitens. Bis zu einem Selbstbehalt von 350 Euro muss ebenfalls die volle Dieselsteuer bezahlt werden. Das diskriminiert wiederum Klein- und Nebenerwerbsbetriebe, die oft gleich mehrfach durch das Netz der Agrarförderung fallen. Wer eine flächendeckende Landbewirtschaftung möchte, muss auch diese Betriebe fördern.

Daher ist unsere Forderung: erstens mehr Gerechtigkeit im System und zweitens eine Entlastung der Betriebe von Energiekosten durch eine bessere Förderung des Umstiegs auf alternative Energieversorgungsquellen.

(Beifall des Abg. Volker Schneider (Saarbrücken) (DIE LINKE))

Eine einfache Steuerrückzahlung in voller Höhe erscheint auf den ersten Blick attraktiv. Es ist aber eine rückwärtsgewandte Lösung für das real existierende Problem. Aus unserer Sicht ist ein konsequentes Umsteuern notwendig.

Für eine nachhaltige Landwirtschaft in Deutschland und Europa ist es sinnvoll, Agrarbetriebe dabei zu unterstützen, die Landmaschinenflotte umzustellen: auf dezentral erzeugte Agrotreibstoffe wie Biodiesel, reines Pflanzenöl oder demnächst sogar Biogas. Das ist kein ganz einfacher und auch kein kurzer Weg; aber er führt in die Zukunft. Dazu müssen die Rahmenbedingungen natürlich so gestaltet sein, dass die Kraftstoffkosten der Betriebe real sinken und ihre technischen Umstellungsrisiken minimiert werden. Das Kuratorium für Technik und Bauwesen in der Landwirtschaft hat bereits vor Jahren ausgerechnet, dass das erstens technisch geht und dass zweitens circa 2 Millionen Hektar landwirtschaftliche Fläche ausreichen, um eine vollständige Eigenenergieversorgung der Landwirtschaft zu sichern. Es ist also machbar. Es fehlen offensichtlich nur die Anreize. Pflanzenöl und Biodiesel können bereits jetzt in Landmaschinen verwendet werden, und sie sind für die Landwirtschaft bereits steuerbefreit. Trotzdem ist für die Agrarbetriebe unter dem berühmten Strich die Nutzung des fossilen Diesels unter den jetzigen Besteuerungsbedingungen immer noch günstiger.

Die von der FDP vorgeschlagene umfassende Steuersenkung würde die strukturelle Abhängigkeit der landwirtschaftlichen Betriebe von fossilem Diesel noch zementieren. Und das schlägt ausgerechnet die FDP vor, die sich doch sonst immer für Biokraftstoffe einsetzt! Damit würde man aus unserer Sicht sogar eine wichtige Chance für eine sinnvolle Nutzung von Agrotreibstoffen verpassen. Die Linke streitet deswegen weiter für politische Rahmenbedingungen, die die Agrarbetriebe bei der Bewältigung der Herausforderungen der Zukunft unterstützen und sie nicht davon abhalten.

Vielen Dank. (Beifall bei der LINKEN)