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!! ACHTUNG!! DIESE SEITE WIRD NICHT MEHR AKTUALISIERT. Bitte wenden Sie sich mit Ihren Anliegen nach dem Ende des Mandats von Dr. Kirsten Tackmann am 26.10.2021 an die aktuelle Linksfraktion im Bundestag. Für die vertrauensvolle Zusammenarbeit und konstruktive Kritik der vergangenen 16 Jahre möchten wir uns an dieser Stelle herzlich bedanken.

Der 3. Bericht der Bundesregierung zu den Auswirkungen des Agro-GenTechnikGesetzes untermauert die Kritik der LINKEN an dieser Risikotechnologie und die offenen Risiken bei ihrer Anwendung. Gleichzeitig werden Erkenntnisse bestätigt, die während bisheriger Debatten zur Agrogentechnik mahnend geäußert worden sind: zu Sicherheitsabständen, zu Schwellenwerten und dergleichen. Dies alles erfordert für uns sehr sorgfältiges Nachdenken über diese Risikotechnologie.

Rede zum 3. Bericht der Bundesregierung zu Erfahrungen mit dem Gentechnikgesetz, Drucksache 16/8155

Frau Präsidentin! Liebe Gäste! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Solche Berichte wie der jetzt vorliegende Dritte Bericht der Bundesregierung über Erfahrungen mit dem Gentechnikgesetz sind sicherlich sinnvoll. Sie geben Regierung wie Parlament die Gelegenheit, noch einmal über die tatsächlichen Wirkungen von politischen Entscheidungen nachzudenken, sich mit der eigenen Argumentation auseinanderzusetzen, sie noch einmal zu prüfen und gegebenenfalls zu korrigieren, wenn man feststellt, dass man sich geirrt oder unpräzise argumentiert hat.

So gesehen bin ich mit dem vorliegenden Bericht zufrieden; denn er begründet in vielen Passagen die kritischen Positionen der Linken zur Agro-Gentechnik. Andererseits ist er aber ein Beleg dafür, dass solche Berichte sinnlos sind; denn er stellt Probleme fest, die vorhersehbar waren und wahrscheinlich ungelöst bleiben, weil Einwände wenig Einfluss auf die politischen Entscheidungen haben.

Ich fange mit etwas Positivem an: Auf Seite 16 geht es um den Schwellenwert für gentechnische Verunreinigungen im Saatgut. Die Bundesregierung formuliert die Absicht, einen möglichst niedrigen Schwellenwert für gentechnische Verunreinigungen einzuführen. Das begrüßt die Linke. Null Toleranz ist uns gerade beim Saatgut besonders wichtig, weil ökologische Risiken und die Ausbreitungsgefahr hier noch höher sind als beim Erntegut. (Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Gert Winkelmeier (fraktionslos))

Deshalb gilt erst recht beim Saatgut: keine konzernfreundlichen Kompromisse. (Dr. Karl Addicks (FDP): Es geht um menschenfreundliche Kompromisse! Lassen Sie Ihren Konzernwahn hinter sich!)

Der Vorsorgegedanke muss Vorrang vor allen ökonomischen Interessen haben. Deshalb muss der Schwellenwert mit der technisch möglichen Nachweisgrenze identisch sein. Das bedeutet, dass gentechnikfreies Saatgut auch wirklich kein gentechnisch verändertes Material enthält. Die Kosten für diese Untersuchung auf Gentechnikfreiheit dürfen natürlich nicht der gentechnikfrei produzierenden Landwirtschaft aufgehalst werden.

(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Gert Winkelmeier (fraktionslos)) Ein Fonds der Agro-Gentechnik-Konzerne zum Risikoausgleich wäre nach dem Verursacherprinzip aus unserer Sicht mehr als gerechtfertigt. Auf den Seiten 20 bis 22 beschäftigt sich der Bericht mit der Arbeit der Zentralen Kommission für Biologische Sicherheit. Hier gilt unsere Kritik vor allen Dingen der Zusammensetzung der Kommission. Uns ist die Vertretung der Interessen der gentechnikfrei produzierenden Landwirtschaft besonders wichtig. Sie vertritt nämlich die Interessen der überwiegenden Mehrheit der Bevölkerung, die der Agro-Gentechnik entweder kritisch gegenübersteht oder sie ablehnt. Das gilt auch für die Umwelt- und Verbraucherverbände und für die Imkereien. Ihre Position muss aus unserer Sicht in einem breiten gesellschaftlichen Dialog viel größeres Gewicht bekommen. In der Diskussion über potenzielle Risiken muss diese Stimme viel deutlicher zu hören sein.

Verwundert hat mich folgender Befund des Berichts: Zwischen 2001 und 2007 wurden fast 60 Prozent der Freisetzungsanträge von staatlichen Einrichtungen und Universitäten gestellt. – Ich möchte zumindest die Frage in den Raum werfen, ob dieser Umfang des Engagements staatlicher Einrichtungen wirklich in jedem Fall durch gesellschaftliches Interesse gedeckt ist. Oder: In welchem Maße werden so Töpfe mit Forschungsgeldern im Interesse der Saatgutkonzerne gefüllt? Wie werden in solchen Fällen eigentlich die Objektivität und die Unabhängigkeit der Forschung gesichert? Besonders spannend wird es auf Seite 27. Dort heißt es Zitat :

Zugleich ist aber anzuerkennen, dass die vollständige Verhinderung der Auskreuzung aus Freisetzungsflächen praktisch nicht möglich ist. Ich würde dem Ministerium für diese ungewohnte Offenheit gerne ein Lob aussprechen; denn das ist genau unsere Position. Aber Minister Seehofer betont immer weiter, unablässig, eine Koexistenz, also der störungsfreie parallele Anbau von gentechnisch veränderten Pflanzen und gentechnisch nicht veränderten Pflanzen, sei möglich, wenn man nur bestimmte Abstände einhält. Dabei ist längst klar, dass die Vielzahl der Ausbreitungswege, die das gentechnisch veränderte Pflanzengut nehmen kann, überhaupt nicht kontrollierbar ist. Das wird auch im Bericht eingeräumt.

Was die fehlenden Konsequenzen angeht, geht es aber noch weiter. Offensichtlich haben die Bundesländer auf Probleme bei der Umsetzung des sogenannten vereinfachten Verfahrens aufmerksam gemacht. Auch hier werden aber keine Konsequenzen gezogen. Im Gegenteil, mit dem neuen Gesetz werden sie sogar noch verschärft.

Auf Seite 36 geht es um in der EU nicht zugelassene genetisch veränderte Pflanzen. Treffend wird die Nulltoleranz für Verunreinigungen mit solchen Pflanzen im Bericht als Zitat "Importverbot für die betreffende Lieferung" bezeichnet. Wir finden, das ist genau richtig, weil das eine Risikovorsorge ist.

Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Frau Kollegin, kommen Sie bitte zum Ende. Dr. Kirsten Tackmann (DIE LINKE): Ich komme sofort zum Ende.

Im Hinblick auf die Rede meines Kollegen Lehmer möchte ich noch darauf hinweisen, dass gerade der Weltagrarrat, als er die Welternährungsprobleme behandelt hat, festgestellt hat: Diese Probleme können durch die Agro-Gentechnik nicht gelöst werden.

(Dr. Max Lehmer (CDU/CSU): Wissen Sie, wer da drin sitzt?) Er hat sich zur Agrogentechnik sehr kritisch geäußert.

Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Frau Kollegin! Dr. Kirsten Tackmann (DIE LINKE): Ich finde, auch diese Tatsache muss man zur Kenntnis nehmen. Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Gert Winkelmeier (fraktionslos))