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Die heiße Wahlkampfphase für die Europawahl und für sieben Kommunalwahlen am 7. Juni hat begonnen. Am 26. Mai findet um 17 Uhr in Köln die zentrale Auftaktveranstaltung der LINKEN statt. "SPD und Grüne haben den gesetzlichen Mindestlohn in Deutschland verhindert und in Europa nicht auf den Weg gebracht, Sie haben Lohndumping in Deutschland und Europa hoffähig gemacht, sie haben die Soldaten nach Afghanistan entsandt und befürworten eine europäisches Kerneuropa. Es ist hier die SPD, die heiße Luft produziert", erinnert Lothar Bisky, Vorsitzender und Spitzenkandidat der LINKEN.

DIE LINKE steht für ein demokratisches Europa

Statement des Parteivorsitzenden Lothar Bisky auf der Pressekonferenz im Berliner Karl-Liebknecht-Haus

Sehr geehrte Damen und Herren, unser Land hat einen neuen Bundespräsidenten. Wir gratulieren Horst Köhler zu seiner Wiederwahl, ich erweise Gesine Schwan meinen Respekt. Und ich bekenne zugleich, dass wir uns über das Wahlergebnis unseres Kandidaten, Peter Sodann, sehr gefreut haben.

Am Wochenende hat unserer Land 60 Jahre Grundgesetz gefeiert. Eins stimmt: Das Grundgesetz ist besser als sein Ruf. Dennoch möchte ich daran erinnern, dass das Grundgesetz für die drei Westzonen einstmals auch ein Wegweiser in die deutsche Teilung war. Umso mehr sollten wir heute seine demokratische Potenz, das Sozialstaatsgebot und vieles mehr hoch halten. Es ist deshalb auch richtig, kritisch auf die politische Praxis zu schauen, z. B. auf den unverantwortlichen Abbau des Sozialstaates.

Es sind noch 13 Tage bis zur Europawahl. Die heiße Wahlkampfphase für die Europawahlen und für sieben Kommunalwahlen am 7. Juni hat begonnen. Morgen findet um 17 Uhr in Köln die zentrale Auftaktveranstaltung der LINKEN statt. Zahlreiche kleinere Veranstaltungen, auch Spitzenkandidatenrunden aller Parteien wie gestern in Brüssel und Berlin fanden bereits statt.

Unsere Oberbürgermeisterin in Schwerin, Angelika Gramkow hat auf einer Wahlkampfveranstaltung in Schwerin zu Recht den Privatisierungswahn verurteilt, der durch die herrschende europäische Politik massiv in die kommunale Daseinsvorsorge eingegriffen hat. "Wenn wichtige öffentliche Einrichtungen privatisiert werden, haben wir alle nichts mehr zu entscheiden", hat sie kurz zusammengefasst. Darin ist der klare Appell – auch an eine andere Europapolitik! Und ich möchte heute die Gelegenheit nutzen, nochmals hinter die klassischen Klischees zu schauen, mit denen linke Europapolitik zumeist konfrontiert wird.

Ja, die LINKE lehnt den Vertrag – nach sorgfältiger Abwägung und bei Berücksichtigung durchaus vorhandener positiver Seiten – ab. Sie ist europakritisch – was die herrschende Politik betrifft. DIE LINKE ist proeuropäisch, was die Chancen der europäischen Integration, eine friedliche Rolle Europas in der Welt, die eigenständigen Antworten Europas auf die soziale Frage und den Klimawandel betrifft.DIE LINKE will eine andere Verfassung für Europa.

Der Vertrag von Lissabon will eine Wirtschaftspolitik fortsetzen, die die schwerste Wirtschafts- und Finanzkrise seit 80 Jahren mit hervorgerufen hat. Der Vertrag verpflichtet zur Aufrüstung und enthält den Weg zu einem entsprechenden Kerneuropa. Genau das ist im Vertrag von Nizza noch untersagt und stellt insgesamt die Gründungsideen der EU auf den Kopf – da sollten die wirtschaftlich Mächtigen eingebunden und nicht zur unkontrollierbaren Lokomotive gemacht werden.

DIE LINKE steht für ein demokratisches Europa. Dazu gehören nicht nur erweiterte Rechte des Parlaments, dazu gehören Volksabstimmungen über die grundlegenden europäischen Verträge.

Geht es um die Überwindung der Wirtschaftskrise, so sieht man den Bundesfinanzminister Peer Steinbrück wie Don Quichote einstmals nun gegen die Steueroasen kämpfen. Nur ist er nicht Don Quichote, sondern hält große Stücke auf den Vertrag von Lissabon, so wie seine Kollegen von den anderen vier im Bundestag vertretenen Parteien. Doch der Vertrag von Lissabon verbietet die Regulierung des Kapitalverkehrs gegenüber Drittstaaten (Art. 63 I AEUV). Das Problem der Steueroasen löst der Lissabon-Vertrag jedenfalls nicht.

Ich bin erstaunt und erfreut, wenn ich höre wie vehement die Spitzenkandidaten von SPD und Grünen Martin Schulz und Reinhard Bütikofer höhere Sozialstandards und einen Mindestlohn für Europa fordern, wenn sie als Kernaussagen ihrer Wahlprogramme soziale Gerechtigkeit und Frieden nennen.

Allerdings muss ich daran erinnern: SPD und Grüne haben den gesetzlichen Mindestlohn in Deutschland verhindert und in Europa nicht auf den Weg gebracht, Sie haben Lohndumping in Deutschland und Europa hoffähig gemacht, sie haben die Soldaten nach Afghanistan entsandt und befürworten eine europäisches Kerneuropa. Es ist hier die SPD, die heiße Luft produziert.

Bei der Börsenumsatzsteuer sieht es bekanntlich genauso aus. Starke Sprüche, aber wenn es ans politische Handeln geht, dann wurde – wie so oft – nur wild in der Luft gefuchtelt.

Doch, um nochmals zurück zu den europaweiten gesetzlichen Mindestlöhnen zu kommen. Menschenwürdige Mindestlöhne sind kein Problem, das an nationalen Grenzen halt macht. Das hat uns nicht nur der EugH zu verstehen gegeben. Laut EuGH dürfen jetzt sogar nur höchstens Mindestlöhne verlangt werden. Mindestlöhne wurden auf der europäischen Ebene zu Höchstlöhnen gemacht. Und hier – in Deutschland – gibt es nicht einmal Mindestlöhne.

Nun kündigt die SPD an – genau wie der DGB – im Lissabon-Vertrag muss eine soziale Fortschrittsklausel verankert werden. Also – man steht im Wahlkampf für eine Veränderung des Vertrags. Und nach dem Wahlkampf? DIE LINKE wird im Europäischen Parlament ständig daran erinnern.

Bei der LINKEN kann man sich darauf verlassen, dass die Kritik am Lissabon-Vertrag fundiert ist und unser politisches Handeln in Europa bestimmen wird – auch nach den Wahlen. Das gilt auch für unseren Einsatz für ein friedliches Europa und für mehr direkte Demokratie. Eine Ablehnung des Lissabonner Vertrags ist keine Ablehnung der europäischen Idee. Für mich wird andersherum ein Schuh draus.

Wir LINKEN sind deshalb kritisch gegenüber der herrschenden Politik Europas, weil sie Chancen verspielt, die Europa kulturell, sozial, historisch und auch wirtschaftlich hat. Es war ein amerikanischer Publizist, Jeremy Rifkin, der nach dem schwer fassbaren europäischen Traum im Unterschied zum alten amerikanischen Traum fragte. Und er sah im europäischen Traum eine Besonderheit, denn er fußt nicht wie der amerikanische zuerst auf Wettbewerb und Assimilation, sondern besteht aus Kooperation und der Akzeptanz kultureller Vielfalt. In der heutigen Welt, so meinte Rifkin, sei dieser Schatz, die Fähigkeit zur Kooperation und zur Vielfalt das bessere Gerüst, um die weltweiten Herausforderungen zu bewältigen. Und man spürt ja allenthalten, dass auch die US-amerikanische Politik sich inzwischen kooperativer entwickelt.

Die Europapolitik der LINKEN ist eine Politik für eine europäische Sozial- und Umweltunion, für mehr Demokratie und Frieden, für ein kooperatives Europa im Innern und weltweit. Von dieser Überzeugung bringen uns auch die nicht ab, die gern Europakritik mit Europaskeptizismus verwechseln, für den sie mit ihrer Politik allerdings oft selbst verantwortlich sind und es geht dabei oft nicht nur um heiße Luft – sondern um die Lebensbedingungen für Millionen Menschen heute und morgen.