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Plenumsrede: 16.10.2008 – TOP 23, Zweite und Dritte Beratung des Gesetzentwurfs zur Anpassung von Vorschriften auf dem Gebiet des ökologischen Landbaus – DS 16/10174 und 16/10595 – sowie der Beschlussempfehlung zum Antrag "Forschung für den ökologischen Landbau ausbauen" – DS 16/10603 Rede zu Protokoll

Sehr geehrte Frau Präsidentin, Liebe Kolleginnen und Kollegen,

Der deutsche Ökolandbau hat in der Vergangenheit oft Maßstäbe gesetzt. Und das für ganz Europa. Dabei ist ein ansehnliches Regelwerk entstanden. An diesem haben sowohl die Pioniere des Ökolandbaus, als auch kritische Verbraucherinnen und Verbraucher aktiv mitgewirkt. Im Jahr 2007 wurde dieses Regelwerk auf EU – Ebene als Verordnung zum ökologischen Landbau novelliert. Jetzt müssen wir es in Deutschland umsetzen. Die Besonderheit hierzulande ist das aktive Engagement der Expertinnen und Experten aus dem ökologischen Landbau, das heute noch Ausdruck findet in der Organisation der vorwiegend privatrechtlich bestimmten Ökokontrolle. Das Kontrollsystem für die Ökoprodukte hat sich über die Jahre bewährt. Die Verbraucherinnen und Verbraucher vertrauen dieser Kontrolle. Leider ist es nicht ganz gelungen, diese Expertise bei der Entwicklung des Gesetzesentwurfs umfassend zu nutzen. Damit bleiben einige Unzulänglichkeiten im Gesetzentwurf bestehen. Es sind vielleicht nur Details, aber sie würden im Ergebnis einiges erleichtern. Mit der Novelle der EU – Ökoverordnung ist eine staatliche verantwortete Kontrolle zwingend. Da die Kontrolle aber im föderalen deutschen System zu den Länderaufgaben gehört, kann das zu Abgrenzungsproblemen führen. Jedes Bundesland hat dann vielleicht seine eigene Regelung, was problematisch wäre. Auch die Errichtung eines Sachverständigenrates beim Bundesamt für Landwirtschaft und Ernährung, der die Kontrollverfahren bundesweit koordinieren könnte, wurde ausgeklammert.

Trotzdem ist die Verabschiedung des Gesetzes wichtig. Sonst würde die Bundesrepublik eine Fristverletzung bei der Umsetzung der EU – Ökoverordnung riskieren. Das könnte teuer werden. Der Ökolandbau spielt gerade in den neuen Bundesländern eine besonders starke Rolle. Mecklenburg – Vorpommern und Brandenburg sind Spitzenreiter. Ökologische Landwirtschaft bietet aus Sicht der LINKEN große Vorteile. Die regionale Wertschöpfung und die Arbeitsplatzbindung sind vergleichsweise hoch. Die Produktion erfolgt unter Schonung der natürlichen Ressourcen. Dafür brauchen wir verlässliche Rahmenbedingungen und deshalb stimmen wir dem Gesetzentwurf zu.

Nun zum Antrag von BÜNDNIS 90/ Die GRÜNEN:

Nach ihm soll die Forschung für den ökologischen Landbau in Deutschland und Europa ausgebaut werden. Die LINKE stimmt auch diesem dem Antrag zu – allerdings bedauern wir, dass die Grünen mit dieser Forderung immer wieder nur ihre eigene Klientel bedienen. Das macht sie nicht besonders glaubwürdig, denn eigentlich muss die Forderung ganz klar lauten: Schluss mit der Abbau der Agrarforschung, denn wir brauchen nicht weniger sondern deutlich mehr universitäre und außeruniversitäre Agrarforschung! Das gilt für den Ökolandbau genauso wie für die konventionelle Landwirtschaft!

Deutschland hat als Agrarforschungsstandort eine große Tradition und hat weltweit Maßstäbe gesetzt. Das ist vorbei. Der Wissenschaftsrat hat die Krise der Agrarforschung zutreffend beschrieben. Besonders in Ostdeutschland sind Forschungsstandorte geschlossen oder verkleinert worden. Auch der Agrarressortforschungsbereich hat seit 1996 einen massiven Stellenabbau und Standortschließungen zu verkraften, die unter schwarz-gelb beschlossen und von rot-grün nicht korrigiert, sondern umgesetzt wurden. Minister Seehofer hat den Stellenabbau fortgeschrieben und die Liste der zu schließenden Standorte verlängert!

Die Entwicklungen in der ökologischen Landwirtschaft sind völlig konträr zu den gesellschaftlichen Trends. Die Bedeutung von Bio-Supermärkten und ökologischen Produkten in Discountern wächst kontinuierlich. Zweistellige prozentuale Steigerungsraten im Verbrauch, so viel wie in keinem anderen Produktionsbereich der Landwirtschaft, skizzieren viel Potential. Leider kommt die einheimische Erzeugerseite nicht nach. Hier müssen dringend Impulse gesetzt werden. Dazu gehört der Ausbau der Forschung. Institute und Projekte, die sich explizit mit Fragestellungen der ökologischen Landwirtschaft beschäftigen, sind noch rar gesät. Im Vergleich zu Forschungsmitteln, die für die Agro-Gentechnik ausgegeben werden, ist die Ökolandbauforschung ungenügend! Eine Umschichtung ist dringend nötig!

Dabei gibt es viele Fragestellungen, die Betriebsleiter und Berater auf den Biobetrieben bewegen. In der Tier- und besonders in der Pflanzenzucht, in der Landtechnik oder im betrieblichen Management gibt es eine Vielzahl von speziellen Fragen aus Sicht des Ökolandbaus an die Forschung. Doch diese werden zumeist gar nicht oder wenn, dann nur mit den begrenzten Mitteln des Thünen Instituts oder den wenigen anderen Einrichtungen bearbeitet. Hinzu kommt, dass Drittmittelforschung auch nur in geringem Umfang geleistet werden kann. Das gesamte wirtschaftliche Umfeld ist einfach noch zu klein. Der Staat ist hier in der Pflicht. Neben einer kontinuierlichen und nachhaltigen Erhöhung der Mittelausstattung auf Bundesebene, gehört auch das Engagement auf europäischer Ebene dazu. In anderen Bereichen der Forschung ist europäischen Forschungsplattformen dieses bereits gelungen, warum sollte das nicht auch für den Ökolandbau klappen? Zumal die Entwicklung der vergangenen Jahre zeigt, dass in ganz Europa das Interesse an Produkten der Ökolandwirtschaft wächst und eine zunehmende Anzahl von Menschen die Vorteile des Biolandbaus für Umwelt, Gesundheit und Natur erkennt.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!