alt= alt= alt=

START  |  AKTUELLES  |  PRESSE   |  ZUR PERSON   |  FOTOSTRECKE  |  KONTAKT

!! ACHTUNG!! DIESE SEITE WIRD NICHT MEHR AKTUALISIERT. Bitte wenden Sie sich mit Ihren Anliegen nach dem Ende des Mandats von Dr. Kirsten Tackmann am 26.10.2021 an die aktuelle Linksfraktion im Bundestag. Für die vertrauensvolle Zusammenarbeit und konstruktive Kritik der vergangenen 16 Jahre möchten wir uns an dieser Stelle herzlich bedanken.

DIE LINKE. fordert vor allem die Attraktivität der Nutzung des Dauergrünlands zu verbessern, insbesondere bei Weidenutzung. Eine Weidetierprämie wie in Frankreich wäre hier ein wichtiges Signal der Anerkennung der Arbeit, die in diesem Teil der Landwirtschaft geleistet wird. Er genießt die höchste Akzeptanz in der Gesellschaft, bekommt aber wenig Geld für seine Leistung.

Zu Protokoll gegebene Rede zur Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Ersten Gesetzes zur Änderung des Direktzahlungen-Durchführungsgesetzes (18/8514), TOP 24

 

Kirsten Tackmann:

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Dauergrünland ist wertvoll. In unserer Agrarlandschaft ist mir eine saftige, grüne Wiese mit weidenden Mutterkühen und Kälbern das Liebste. Außerdem sind Wiesen und Weiden gut für das Klima, denn wo Pflanzen permanent nachwachsen, wird der Boden geschützt und gleichzeitig das CO2 aus der Luft in der Pflanze gebunden. Dauergrünland ist Lebens- und Rückzugort, zum Beispiel für Bodenbrüter oder seltene Pflanzengesellschaften.

Das alles sind gute Gründe, mit Wiesen und Weiden besonders respektvoll umzugehen.

Aber wir wissen: gerade die Bestände von Pflanzen und Tieren der offenen Agrarlandschaft sind am häufigsten gefährdet. Die Realität ist, dass Dauergrünland in Deutschland, aber auch in ganz Europa und weltweit Fläche verliert. Eine aktuelle Studie des Umweltbundesamtes besagt, dass 1991 noch über 5,3 Millionen Hektar oder 31,3 Prozent der Landwirtschaftlichen Nutzfläche als Dauergrünland bewirtschaftet wurden, während es 2014 nur noch rund 4,7 Millionen Hektar oder 27,8 Prozent waren.[1]

Viele Flächen mussten dem Straßen- oder Siedlungsbau weichen oder sie wurden zeitweise zu Äckern umgewandelt, weil der Anbau von Mais oder anderen Ackerbaukulturen profitabler ist.

Zumindest diesem Treiben hat die EU ein Umwandlungsverbot entgegengesetzt. Zur Umsetzung der Greening-Maßnahmen hat die EU-Kommission im Sommer 2015 einen Leitfaden vorgelegt. Darin definiert sie Dauergrünland und legt Möglichkeiten einer Ausnahme vom Umwandlungsverbot dar. Unter Umwandlung von Dauergrünland versteht sie nicht nur die Umwandlung in Ackerland oder Dauerkulturen, sondern auch die Umwandlung in nicht-landwirtschaftliche Nutzungen wie Aufforstung, natürliche Sukzession, Bebauung oder Nutzung als Infrastrukturfläche. Während solche Nutzungsänderungen auf umweltsensiblem Dauergrünland in FFH-Gebieten ausgeschlossen sind, bedürfen sie auf sonstigem Dauergrünland der Genehmigung. Das EU-Recht sieht die Möglichkeit vor, dass die Mitgliedstaaten einzelne Flächen aus der Kulisse des umweltsensiblen Dauergrünlandes herausnehmen können. Daraus resultiert zum einen, dass Umwandlungen in nicht-landwirtschaftliche Nutzungen demselben strengen rechtlichen Rahmen unterliegen wie Umwandlungen in Ackerland und Dauerkulturen. Zum anderen wird bestimmt, dass nationalstaatliche Ausnahmen, wenn dem keine anderen Rechtsvorschriften entgegenstehen, möglich sind.

In Deutschland wurde das Umwandlungsverbot von Dauergrünland bisher lediglich auf die Umwandlung in andere landwirtschaftliche Nutzungen bezogen. Aus der Konkretisierung auf EU-Ebene ergibt sich, dass Landwirte nun von Sanktionen wegen Verstoß gegen Greening-Maßnahmen betroffen sein können.

Genau hier setzt der Gesetzentwurf an:

Erstens soll eine Umwandlung von umweltsensiblem Dauergrünland in eine nicht-landwirtschaftliche Nutzung in Ausnahmefällen möglich werden. Zweitens sollen Landwirte bei der Umwandlung von sonstigem Dauergrünland in eine nicht-landwirtschaftliche Nutzung keinen Grünlandersatz schaffen müssen. In beiden Fällen ist einem positiven Bescheid die Prüfung nach Bundesnaturschutzgesetz und nach Bauordnungsrecht vorgeschaltet.

Hier geht es um die Herstellung von Rechtssicherheit für die Landwirtschaft und DIE LINKE. geht nicht davon aus, dass dadurch neue Schlupflöcher für den weiteren Flächenfraß geschaffen werden sollen.

Weil aber Intention und Wirkung so mancher Gesetze weit auseinanderklaffen, möchte ich hier zumindest auf die Gefahr weitere Flächenverluste hinweisen. Die immer noch viel zu hohen Flächenverluste, besonders bei Grünland, müssen reduziert werden.

DIE LINKE. wird deshalb darauf achten, dass mit dieser Regelung das bestehende Umwandlungsverbot nicht durch die Hintertür unterlaufen wird. Wie ich vom wissenschaftlichen Dienst erfuhr, basieren die geringen Schätzungen im Gesetzentwurf auf Selbstauskunft der Landwirte und vagen Annahmen. Ob tatsächlich so wenige Anträge eingehen werden und die betroffene Umwandlungsfläche bei umweltsensiblem Dauergrünland jährlich 100 Hektar betragen wird, wissen wir heute nicht.

Und ob andere nicht-landwirtschaftliche Nutzungen aus sozial-ökologischer Perspektive überhaupt sinnvoll sind, kann ebenfalls – wie im Fall der Photovoltaik – bezweifelt werden. Denn diese Anlagen gehören aus unserer Sicht vor allem auf Dächer oder andere versiegelte Flächen.

DIE LINKE. fordert vor allem die Attraktivität der Nutzung des Dauergrünlands zu verbessern, insbesondere bei Weidenutzung. Eine Weidetierprämie wie in Frankreich wäre hier ein wichtiges Signal der Anerkennung der Arbeit, die in diesem Teil der Landwirtschaft geleistet wird. Er genießt die höchste Akzeptanz in der Gesellschaft, bekommt aber wenig Geld für seine Leistung.