Ziel unseres Besuches war es, einen Überblick über aktuelle Fragen zur Zukunft der Gemeinsamen Agrarpolitik der EU zu erhalten und deren Auswirkung auf die Agrarwirtschaft und ländliche Räume Europas zu beleuchten.
Wir freuten uns sehr über das ehrliche Interesse von Dr. Kirsten Tackmann und Andreas Bergmann, sich den Fragen der Studierenden zur europäischen Agrarpolitik zu stellen. Für die Hochschüler_innen, von denen die Hälfte aus dem europäischen Ausland stammt, war das Gespräch mit politischen Akteuren in den Ausschussräumen des Paul-Loebe-Hauses ein beeindruckendes Zeugnis von Offenheit und Dialogbereitschaft.
In der Diskussion mit Dr. Kirsten Tackmann und Andreas Bergmann wurden viele Inhalte der Lehrveranstaltung aufgegriffen und erörtert. Großes Interesse galt der Position der LINKEN zur konventionellen und ökologischen Landwirtschaft. Unterschiede zu anderen Parteien hob die Bundestagsabgeordnete vor allem in der Vertretung eines regionalen Ansatzes hervor, der die Erhöhung der regionalen Wertschöpfung zum Ziel hat. Anders als z.B. Bündnis 90/Die Grünen, die dem Ökolandbau Vorrang einräumen, setzt DIE LINKE auf eine gezielte regionale Produktion und Versorgung, von der auch sozial Schwächere profitierten. Beeindruckt zeigten sich die Studierenden von den persönlichen Erfahrungen Andreas Bergmanns in der Ökolandwirtschaft. Der Ausbruch der BSE-Krise Ende der 1990er Jahre galt zwar als Folge der industrialisierten Landwirtschaft, das damit einsetzende Misstrauen der Verbraucher_innen führte jedoch bald darauf auch zur Schließung seines Betriebes.
Die Fachkompetenz der promovierten Veterinärmedizinerin und des Agrarwissenschaftlers, der mittlerweile einen Ökobetrieb im Nebenerwerb führt, war in allen Fragen deutlich zu spüren. So vertrat Dr. Kirsten Tackmann eine angepasste Förderung für kleine Marktbetriebe und Großbetriebe als grundlegend für eine gerechte Mittelverteilung. Mit Nachdruck betonte sie die Funktion von Feldfrüchten wie Kartoffeln für die regionale Wertschöpfung und das Landschaftsbild. Tatsächlich gilt die Heimat der Bundestagsabgeordneten (an der Prignitz im Nordwesten Brandenburgs) als eine traditionelle Kartoffelanbauregion mit nachgelagerten Stärkefabriken, die durch den Anbau von Hochertragspflanzen wie Weizen und Mais für Biokraftstoff und Biogasanlagen zunehmend unter Druck gerät.
Neben dem notwendigen Umbau der Flächenförderung für die nächste Förderperiode 2014-2020 wurden auch das Auslaufen der Milchquote und die sinnvolle Ausweitung ökologischer Versorgungsflächen im Rahmen des ‚Greening’ debattiert. Viele kritische Fragen gab es zur Auswirkung der europäischen Agrarpolitik auf internationale Märkte. Die aktuelle Förderpolitik widerspreche dem Gebot der Fairness und schließe gerade den Globalen Süden von neuen Märkten aus. Es erweckte den Anschein, dass DIE LINKE zur Kritik an den wettbewerbsverzerrenden Flächenprämien, die als de facto indirekte Exportsubventionen Landwirtschaft und Märkte des Globalen Südens zerstören, noch keine eindeutige Position gefunden hat.
Als am Ende des zweistündigen Gesprächs von Studierenden die Fleischsteuer erwogen und von Dr. Kirsten Tackmann aus sozialen Gründen verworfen wurde, wurde die Debatte in kleinerer Runde in der Bundestagskantine fortgeführt. Auch wenn damit leider keine Zeit mehr zur Besichtigung des Bundestagsgebäudes blieb, so war dies doch ein ‚geschmackvoller’ Abschluss.
Die Seminargruppe „Agricultural Geography of Europe“ bedankt sich ganz herzlich bei Dr. Kirsten Tackmann und Andreas Bergmann für die engagierte und anregende Diskussion. Wir wünschen Ihnen alles Gute und viel Erfolg in der weiteren politischen Arbeit.
von Joseph Strasser