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!! ACHTUNG!! DIESE SEITE WIRD NICHT MEHR AKTUALISIERT. Bitte wenden Sie sich mit Ihren Anliegen nach dem Ende des Mandats von Dr. Kirsten Tackmann am 26.10.2021 an die aktuelle Linksfraktion im Bundestag. Für die vertrauensvolle Zusammenarbeit und konstruktive Kritik der vergangenen 16 Jahre möchten wir uns an dieser Stelle herzlich bedanken.

Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Seefischereigesetzes und des Seeaufgabengesetzes, Drucksache 17/6332 , Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (10. Ausschuss), Drucksache 17/7992, zu Protokoll, TOP 29

Fischerhafen, Foto: Irene Lehmann www.pixelio.de

Fischerhafen, Foto: Irene Lehmann www.pixelio.de

Wenn es um die Ernährung der Welt geht, richten sich die Blicke meistens auf Wiesen, Weiden und Äcker. Auf das Meer schaut kaum jemand, doch birgt es unvorstellbar große, wenn auch bedrohte Potentiale. Nicht nur für die Ernährung des Menschen, sondern auch für das Klima und als Lebensraum für Tiere und Pflanzen. Über 370 Millionen Quadratkilometer der Erdoberfläche sind Wasser. Das sind ca. 71 Prozent. In fast allen diesen Gewässern darf gefischt werden. Angefangen vom kleinen Angler bis hin zum großen industriellen Fischtrawler. Egal wo: Entscheidend ist, dass nachhaltig gefischt wird. Dass heißt: die Fischerei darf die Fischbestände nicht gefährden. Das aquatische Ökosystem darf dabei nicht zerstört werden. Gerade im Bereich der Tiefseefischerei gibt es hier erhebliche Defizite! Möglicherweise werden hier Arten ausgerottet, die wir noch gar nicht kennen.

Die Fischereipolitik darf sich nicht nur ökologisch ausrichten, sie muss auch sozial gerecht sein. Deshalb ist es wichtig, dass die Fischereiressourcen der Erde zuallererst den an den Küsten wohnenden Menschen und dann den dazugehörigen Nationen zur Verfügung stehen. Nur wenn auch nachhaltig noch mehr gefischt werden kann, sollten andere Nationen Fischereirechte erweben können.

Als LINKE haben wir daher die partnerschaftlichen Fischereiabkommen im Rahmen der externen Dimension der Gemeinsame Europäische Fischereipolitik (GFP) kritisch im Blick. Eine nachhaltige Bewirtschaftung der Meere setzt zwei Dinge voraus: die verbindliche Einigung auf wissenschaftlich fundierte Fangmengen auf der Grundlage mehrjähriger Bewirtschaftungspläne und ihre Einhaltung. Jede Fangbeschränkung wird unglaubwürdig und wirkungslos ohne konsequente Bekämpfung der illegalen Fischerei. Wer gegen die Regelungen verstößt oder – noch schlimmer – vorsätzlich illegal fischt, gefährdet dieses System. Wobei es dabei nicht um illegale Fangaktivitäten einheimischer Fischerinnen und Fischer z. B. in Afrika geht, denn ihre Fangrechte wurden durch Abkommen ihrer Länder mit der EU an große Trawler verhökert. Für DIE LINKE ist das nicht akzeptabel!

Der Kampf gegen die illegale Fischerei und für eine nachhaltige Fischerei ist wichtig. Darum begrüßt die Linksfraktion das neue EU-Verordnungsrecht zur Verhinderung, Bekämpfung und Unterbindung der illegalen, nicht gemeldeten und unregulierten Fischerei und zur Reform des EU-Fischerei-Kontrollsystems. Zudem ist das Seefischereigesetz an das geltende EU-Fischereirecht anzupassen. Genau das war die Aufgabe des Gesetzentwurfes 17/6332, den die Bundesregierung Anfang September in den Bundestag eingebracht hatte. Trotz klarem und unstrittigem Ziel war die parlamentarische Befassung alles andere als einfach.

Zur Anhörung zum Gesetzentwurf Ende September waren mehrheitlich aktive Fischerinnen und Fischer geladen. Ihr Urteil war vernichtend. Sie wiesen nicht nur auf erhebliche Unklarheiten und Missstände im Gesetzentwurf hin, sondern verrissen ihn regelrecht. Der Gesetzentwurf sei überzogen, realitätsfern und missverständlich. Die Gleichbehandlung auf See sei durch den Gesetzentwurf gefährdet. Bagatellgrenzen wurden gefordert. Die Praktikabilität der vorgeschlagenen Lösungen wurde angezweifelt und Datenschutzbedenken geäußert. Nicht nur ich war von der Wucht der Vorwürfe überrascht. Selbst bei der sonst oft beratungsresistenten Koalition aus Union und Liberalen hat diese Anhörung offensichtlich Wirkung hinterlassen.

Kritisiert wurde speziell die Einführung eines Punktesystems für schwere Verstöße. Also quasi ein „Flensburg 2.0 für die Fischerei“. Bei mehr als 18 Punkten soll dem Kapitän eines Schiffes das nautische Patent (Befähigungszeugnis für den nautischen Dienst) entzogen werden. Das bedeutet, dass er für einen bestimmten Zeitraum als „unzuverlässig“ eingestuft wird und somit kein Schiff mehr führen darf. Die Linksfraktion will aber wie die meisten Sachverständigen, dass das Fahren eines Fischerbootes verboten werden kann, aber die Navigation eines anderen Schiffes weiterhin erlaubt bleiben soll. Im Änderungsantrag der Koalition steht nun, dass der Entzug des Führerscheins verschoben werden kann. Wir sind mit diesem Kompromiss weiter nicht zufrieden.

Richtig ist, dass Straf- und Bußgeldvorschriften nur dann Sinn machen, wenn auch was dahinter steht. Daher ist der Ansatz mit der Punktesammlung angemessen. 18 Punkte sind keine Bagatelle. Aber es ist richtig, dass der maximale Bußgeldrahmen von 200.000 auf 100.000 Euro wieder herabgesetzt wurde. Bisher gab es überhaupt noch keine Verurteilungen zu 100.000 Euro. Deshalb muss man nicht unnötig mit dem Säbel rasseln und höhere Strafen androhen, wie die Grünen fordern. Das ist eine unangemessene Drohgebärde gegen die überwiegend gesetzeskonformen Fischerinnen und Fischer. Dass sie das auf die Palme bringt, weil sie sich kriminalisiert und vorverurteilt fühlen, kann ich gut nachvollziehen. Dazu gehört im Übrigen auch die Debatte über Kameras oder Kontrolleure an Bord. So richtig Kontrollen sind, so verständlich finde ich Argumente gegen solche Überwachungsinstrumente. Die Schiffspositionen werden sowieso online erfasst, also ist auch eine gezielte Kontrolle möglich. Eine Kameraüberwachung in den Abgeordnetenbüros würden wir ja auch ablehnen – und nicht nur, weil wir als frei gewählte Abgeordnete eine Sonderstellung haben.

Als Linksfraktion begrüßen wir die beiden EU-Verordnungen, auch den Ansatz des Gesetzentwurfes finden wir richtig. Die Kritik der Fischerinnen und Fischer in der Ausschuss-Anhörung hat die Koalition jedoch nur teilweise durch ihren Änderungsantrag aufgegriffen. Daher können wir uns beim geänderten Gesetzentwurf nur enthalten. Dass die Koalition mit dem Ergebnis ihrer Nachverhandlungen selbst nicht ganz zufrieden ist, kann man gut im Entschließungsantrag der Koalition nachlesen. Wir teilen seinen Inhalt und stimmen zu.

Anhang: 111201_debatte_seefischereig.pdf