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Seit über 50 Jahre beobachtet die Wissenschaft eine wachsende Verweiblichung männlicher Organismen einschließlich Effekte beim Menschen. Hormonähnlich wirksame Stoffe blieben jedoch als Ursache lange unerkannt.

Risiken und Nebenwirkungen von Umwelthormonen endlich ernst nehmen

In der Fachsprache werden chemische Stoffe, die Mensch oder Tier durch hormonähnliche Wirkungen schädigen, „endokrine Disruptoren“ genannt. Sie sind in Pflanzen-, Holz- und Vorratsschutzmitteln genauso zu finden wie in Kunststoffen, Verpackungsmaterial, Kosmetika oder Medikamenten. Sie gelangen in Gewässer, Luft oder Boden und sind so praktisch Teil unseres Alltags.

Seit über 50 Jahre beobachtet die Wissenschaft eine wachsende Verweiblichung männlicher Organismen einschließlich Effekte beim Menschen. Hormonähnlich wirksame Stoffe blieben jedoch als Ursache lange unerkannt. Unterdessen zeigen Studien beispielsweise die Verweiblichung von Fischen z. B. durch den Einfluss von synthetisch hergestelltem Östrogen. In einer aktuellen Studie in den USA hatte jeder fünfte männliche Schwarzbarsch in den Flüssen außerhalb Alaskas weibliche Geschlechtsmerkmale entwickelt. Als Ursache werden Hormone im Abwasser vermutet.[1] Hormonell wirksame Stoffe in der Umwelt stehen auch im Verdacht, für die sinkende Anzahl der Spermien bei Männern verantwortlich zu sein.

Die Brisanz der Problematik wurde lange ausgeblendet. Unterdessen gibt es dringenden Handlungsbedarf. Und es gibt Handlungsmöglichkeiten. Das bestätigte ein Experte des Leibniz-Instituts für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB) bei einem Fachgespräch. Durch Aktivkohlefilter in Klärwerken könne der Eintrag von hormonell wirksamen Stoffen in Gewässer wesentlich verringert werden, ohne dass das Abwasser wesentlich teurer würde.

Seit 2011 gilt in der EU die aktuelle Pflanzenschutzmittel- Verordnung. Sie sieht vor, dass nur Wirkstoffe zugelassen werden dürfen, die keine hormonell wirksamen Eigenschaften besitzen mit schädlichen Wirkungen auf den Menschen. Die notwendigen Kriterien zur Bewertung hat die EU-Kommission so lange verschleppt, dass sie vom Europäischen Gerichtshof vergangenes Jahr angemahnt wurden. Nun wurde ein Entwurf vorgestellt, der sich an einer Definition der Weltgesundheitsorganisation WHO orientiert.

Umweltverbänden sind sie nicht konsequent genug. Die Chemieindustrie fürchtet übertriebene Beschränkungen. Tatsächlich ignorieren sie das Vorsorgeprinzip, nach dem im Zweifel Unschädlichkeit nachgewiesen werden muss. Nun aber soll die Beweislast umgekehrt werden, obwohl der Nachweis hormonähnlicher Wirksamkeit ein KO-Kriterium für die Zulassung ist. Davon abgesehen werden verstärkende Effekte anderer Stoffe ignoriert und die Tatsache, dass gerade hormonelle Wirkungen oft nur in sehr geringen Dosierungen nachweisbar sind, weil sie sonst von anderen Wirkmechanismen überdeckt werden. Dringender politischer Handlungsbedarf besteht also weiter. Sicher kennen wir noch längst nicht alle Gefahren durch diese Umwelthormone. Aber die bereits bekannten mahnen uns zur Vorsicht. Für DIE LINKE bleibt das Vorsorgeprinzip unverhandelbar, erst Recht gegen die Macht der Chemiekonzerne.


[1] Jo Ellen Hinck in „Aquatic Toxicology“ http://www.usgs.gov/newsroom/article.asp?ID=2305