LINKE bleibt am Thema BVVG dran
von Dr. Kirsten Tackmann
Den politischen Auftrag zur Privatisierung der ehemals volkseigenen landwirtschaftlichen Nutzflächen der DDR durch die Bodenverwertungs- und -verwaltungs GmbH (BVVG) an Meistbietende kritisiert DIE LINKE schon viele Jahre, denn der Verkauf an meistbietende, landwirtschaftsfremde Investoren hat zu den explodierenden Preisen für Bodenkauf und -pacht beigetragen, die ortsansässige Agrarbetriebe immer häufiger von ihrer Produktionsgrundlage Acker und Grünland verdrängen. Ein Moratorium der Privatisierung, die kostenfreie Übergabe der Flächen an die Länder und eine langfristige Verpachtung an ortsansässige Agrarbetriebe sind vielfach beantragt.
Über diese Grundsatzkritik hinaus macht die bundeseigene Gesellschaft durch ihr Agieren immer wieder Negativschlagzeilen. Aktuell hinsichtlich ihrer Vertragspraktiken bei Landverpachtung und Landverkauf. Die LINKE hat dazu diese Woche eine Debatte im Ausschuss für Ernährung und Landwirtschaft initiiert.
Das neueste Beispiel ist ein Urteil des Bundesgerichtshofes vom 14. September 2018, in dem der Klage gegen die BVVG stattgegeben wurde. Laut Landkaufvertrag der BVVG mussten bis jetzt Käuferinnen und Käufer von ehemals volkseigenen landwirtschaftlichen Flächen in Ostdeutschland einen Großteil der Pachteinnahmen durch Windenergieanlagen an die bundeseigene BVVG abführen. Laut Bundesgerichtshof sind diese sogenannten Windkraftklauseln unwirksam. Ob sich daraus Rückforderungsrechte für bereits abgeschöpfte Pachteinnahmen ergeben, ist zwar noch offen, weil die Urteilsbegründung noch nicht vorliegt. Aber offensichtlich sind dafür bereits vorsorglich Rückstellungen erfolgt, so dass davon auszugehen ist, dass auch die BVVG mit einem solchen Urteil gerechnet hat oder rechnen musste. Warum dann der Bund als öffentlicher Bodenverkäufer diese Praxis nicht vorsorglich eingestellt hat und die Betroffenen sich bis zum Bundesgerichtshof durchklagen mussten, hinterlässt zumindest Fragen.
Für die aus Sicht der LINKEN merkwürdigen Vertragspraktiken der BVVG gibt es weitere Beispiele. Am 16. August 2018 hat das Oberlandesgericht Brandenburg eine Pachtzinserhöhung als regelwidrig erklärt, weil sie die Pächterin unangemessen benachteilige.
Beide Fälle zeigen eine wesentliche Schwachstelle der Auftragsstellung der BVVG: wenn schon Bodenprivatisierung hätte sie wenigstens zur Stärkung der ortsansässigen Agrarbetriebe beitragen müssen. Das aber war nur in den ersten Jahren erkennbar. Spätestens seit der Liberalisierung der Vermarktungsregeln 2007 geht es vor allem um die Maximierung der Einnahmen des Bundesfinanzministeriums, koste es was es wolle. Dabei geht es nicht um Taschengeld, sondern um mehrere 100 Millionen Euro jährlich. Dass diese Einnahmen zumindest teilweise von Agrarbetrieben erbracht werden müssen, die von ihrer Hände Arbeit leben müssen, scheint nur am Rande zu interessieren. Dass die Einnahmen auch mit rechtswidrigen Klauseln erhöht wurden, ist umso empörender, da diese ehemals volkseigenen Flächen der DDR mit der Wiedervereinigung kostenfrei in Bundesvermögen umgewandelt wurden. Insofern hätte es selbstverständlich sein müssen, dass vor allem Agrarbetriebe in Ostdeutschland Nutznießer dieser Privatisierung sein müssen, wenn man denn überhaupt privatisiert. Stattdessen haben sich der Bundeshaushalt und landwirtschaftsfremde (vorwiegend westdeutsche oder gar internationale) Investoren den Bauch gefüllt. In dieses Bild passt es, dass nicht der Fachausschuss des Bundestags federführend bei Angelegenheiten der BVVG ist, sondern der Haushaltsausschuss.
Selbst in Zeiten der Dürre wird der Bund seiner Verantwortung als Verpächter öffentlichen Bodeneigentums aus Sicht der LINKEN nur in homöopathischen Dosierungen gerecht. Denn während überall über Dürre-Hilfen für existenzbedrohte Agrarbetriebe diskutiert wird, bietet die BVVG zwar Stundungen der Pacht an, statt, wie von der LINKEN vorgeschlagen, auf die Pachteinnahmen von BVVG-eigenen Flächen zu verzichten, sondern die Summe wird verzinst. Selbst an den Staffelpachtverträgen wird festgehalten, so dass sich Pachten sogar noch erhöhen, während die öffentliche Hand Dürre-Hilfen zahlt. Auf meine schriftliche Frage hin gab die Bundesregierung an, dass es derzeit lediglich um 79 Staffelverträge ginge – aber das sind 79 eben zu viel. Aber natürlich ist die BVVG nur die ausführende öffentliche Gesellschaft. Gefragt ist die Koalition, die Regeln zu ändern oder wenigstens auszusetzen.
Als LINKE werden das Agieren der BVVG und ihr Regelwerk auch weiterhin kritisch begleiten. Der Bund muss hier in besonderem Maße seiner Verantwortung gerecht werden und für eine gerechte Verteilung von Boden an ortsansässige Landwirtinnen und Landwirte sorgen. Landwirtschaftsfremde Investorinnen und Investoren sollen vom Kauf generell ausgeschlossen werden. Statt weiter zu privatisieren ist eine langfristige Verpachtung der Flächen an ortsansässige, nachhaltig wirtschaftende Betriebe sinnvoll. DIE LINKE fordert zudem mehr Transparenz und vor allem auch Initiative des Bundes hin zu einer gemeinwohlorientierten Landvergabe.