Sachverständigenrat fordert mehr Flächenschutz, mehr Vielfalt, mehr Verantwortung
Umweltschutz wird noch immer in Politik und Wirtschaft mehr als Übel denn als Herausforderung angesehen.
Bei der Präsentation eines neuen Gutachtens des Sachverständigenrates für Umweltfragen (SRU) bei der Bundesregierung diese Woche war das große Stichwort „ökologische Transformation“. Das Gutachten lenkte den Blick verstärkt in die Zukunft statt auf die Vergangenheit. Kernthemen sind die Rolle der deutschen Politik für ökologische Veränderung, Klimaschutz im industriellen Kontext, sozialökologische Verantwortung der Energiewende, Flächenverbrauch, Wildnisgebiete und Pestizide.
„Politik und Forschung muss ressortübergreifender für die ökologische Zukunft arbeiten“ war eine wichtige Kernaussage der Veranstaltung. Landwirtschaft und Umwelt sind unmittelbar miteinander verknüpft. Wenn sie gegeneinander ausgespielt werden, kommt der Bumerang zurück.
Prominent betonte wurde die Forderung, Deutschland müsse sich mehr als politischer Vorreiter zur ökologischen Transformation verstehen. Dazu benötige es mehr, als die EU Vorhaben 1:1 umzusetzen. Eine Chance für diese Rolle als Motor sehen die Autor_innen in einer neu ausgerichteten Gemeinsamen EU-Agrarpolitik. Weitere konkrete Forderungen des SRU sind steuerliche Maßnahmen zum Ausgleich von Umweltschäden, wie z.B. eine Pestizidabgabe oder eine Besteuerung importierter Ware, die mit hohen CO2-Belastungen produziert wurde. Der Flächenverbrauch soll bis 2030 auf Null Hektar netto pro Tag sinken, also inklusive Entsiegelung. Angesichts der nur mühsam erreichten aktuellen 69 Hektar pro Tag ist das mit einem einfachen „weiter so“ sicher nicht zu erreichen. In unserer aktuellen Kleinen Anfrage antwortete die Bundesregierung auf die Frage, ob sie das Ziel des SRU für 2030 teile: „Es bleibt abzuwarten, ob und inwiefern bei der beabsichtigten Fortentwicklung der Nationalen Nachhaltigkeitsstrategie über das Jahr 2020 hinaus eine neue Zielstellung zur Reduzierung der Flächeninanspruchnahme verankert wird“ (18/07864). Der aktuelle Entwurf des Bundesverkehrswegeplans der Bundesregierung ist allerdings ein Beispiel dafür, dass diese Herausforderung weiter konsequent ausgeblendet wird.
Für den Einsatz von Pestiziden will der SRU Pufferzonen wie Blüh- oder Gewässerrandstreifen zum Ausgleich von Umweltbelastungen und ein intensiveres Monitoring, das durch eine Abgabe auf Pestizide finanziert werden soll. Den Forschungsbedarf teilen wir ausdrücklich. Gerade die Situationen bei den Honig- und Wildbienen mahnt uns zu einer bienenfreundlichen Landwirtschaft. Integrierter Pflanzenschutz und eine Minimierungsstrategie gehören dazu.
Bei all dieser Forderungen darf die Last jedoch nicht allein durch Landwirt_innen getragen werden, die zu großen Anteilen selbst nicht zu den Profiteuren dieses Systems gehören. Faire Marktbedingungen sind deshalb ebenso wichtig wie eine auf Nachhaltigkeit ausgerichtete Förderpolitik nach dem Prinzip öffentliches Geld für öffentliche Leistungen. Lebensmittelproduktion, von der man leben kann und die mit Pflanzen, Tieren und der Natur respektvoll umgeht, bleibt unsere Maxime. Dafür brauchen wir aber die Bauernschaft ebenso als Verbündete wie die Dorfbevölkerung und die Verbraucher_innen.