Tackmann weiter:
„Die europäische Agrarförderung ist von Männern für Männer gemacht. Frauen profitieren nur in geringem Maße von den Geldern aus Brüssel. Auch das trägt zur Abwanderung von Frauen aus den kleinen Städten und Dörfern bei. Darum muss die aktuelle Debatte für mehr Gleichstellungspolitik genutzt werden. Lebendige ländliche Räume sind nur durch einen geschlechtergerechten Zugang zu den Fördertöpfen zur erreichen. Ziel muss die Überwindung der ungleichen Lebenslage von Frauen und Männern sein. Beispielsweise könnte eine Frauenbeauftragte in der Bund-Länder- Planungsgruppe für die Gemeinschaftsaufgabe für Agrarstruktur und Küstenschutz (PLANAK) dafür sorgen, dass gleichstellungspolitische Fragen künftig nicht vergessen werden.
Die Bundesregierung hat in der Antwort auf eine Kleine Anfrage der LINKEN (Drs. 17/2799) mitgeteilt, dass nur 9,7 Prozent der deutschen Bauernhöfe in weiblicher Hand sind. Damit liegt Deutschland weit unter dem EU-Durchschnitt von 28,8 Prozent und bildet zusammen mit den 5,4 Prozent in den Niederlanden das europäische Schlusslicht. Betrachtet man einzelne EU-Mitgliedsstaaten, fallen eklatante Unterschiede auf. So sind die baltischen Staaten mit über 40 Prozent weiblich geführter Betriebe (Lettland 47,1%, Litauen 46,4%, Estland 41,5%) europäische Spitzenreiter, gefolgt von Polen (33%), Italien (32,2%), Österreich (32,2%) und Griechenland (30,3%).
Die Verhältnisse für Frauen in unseren einheimischen Dörfern und in kleinen Städten sind im europäischen Vergleich skandalös! Und das scheinen die Frauen genauso zu sehen, denn die Abwanderung aus den ländlichen Räumen, gerade unter den Jüngeren von ihnen, dauert an. Nicht nur fehlende Erwerbsmöglichkeiten spielen dabei eine Rolle, sondern auch die unzureichende Infrastruktur, was Kinderbetreuung und Daseinsvorsorge betrifft.
Von geschlechtergerechten Verhältnissen auf dem Land kann noch lange keine Rede sein! Trotzdem ist Ministerin Aigner nicht verpflichtet, im Agrarbericht ihres Hauses über die Situation von Frauen im ländlichen Raum zu berichten. Das muss dringend gesetzlich festgeschrieben werden.“
Anhang: 101015_pe_weltlandfrauentag.pdf