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!! ACHTUNG!! DIESE SEITE WIRD NICHT MEHR AKTUALISIERT. Bitte wenden Sie sich mit Ihren Anliegen nach dem Ende des Mandats von Dr. Kirsten Tackmann am 26.10.2021 an die aktuelle Linksfraktion im Bundestag. Für die vertrauensvolle Zusammenarbeit und konstruktive Kritik der vergangenen 16 Jahre möchten wir uns an dieser Stelle herzlich bedanken.

Der überfällige Umbau der Nutztierhaltung muss sozial und ökologisch gestaltet werden. Um Planungssicherheit zu schaffen müssen nicht nur die Symptome schnellstmöglich zu lindern, sondern die Ursachen an der Wurzel gepackt werden. Die strukturellen Probleme in der Landwirtschaft müssen dringend gelöst werden. DIE LINKE hat dazu einen aktualisierten Antrag aus der vergangenen Wahlperiode „Nutztierhaltung an Fläche binden“ (19/15120) erneut in das parlamentarische Verfahren eingebracht. Die Diskussion im Ausschuss für Ernährung und Landwirtschaft zeigte, wie dringend und groß der Gesprächsbedarf ist, wenn man das Ziel einer flächengebundenen Tierhaltung ernst meint, um ökologische Probleme zu lösen und den notwendigen Umbau sozial zu gestalten.  

Überfälligen Umbau der Nutztierhaltung sozial gestalten

Die Probleme in der Landwirtschaft sind immens. Die Proteste aus der Landwirtschaft im vergangenen Jahr sind auch Ausdruck des angestauten Ärgers als Ergebnis jahrzehntelang verschleppter Probleme. Ein falsches EU-Agrarmodell mit Orientierung auf möglichst billige Warenproduktion statt Versorgung mit nachhaltig erzeugten Lebensmitteln hat eine existenznotwendige Branche mit Vollgas in eine soziale und ökologische Sackgasse gefahren.

Die aktuell erneut notwendige Novellierung der Düngeverordnung ist Sinnbild für die festgefahrene Situation in der Landwirtschaft und im gesamten Ernährungssektor. Nach jahrzehntelang bekannten Problemen mit der Erfüllung der Auflagen der EU­-Wasserrahmen-Richtlinie (WRRL) und der Nitrat-Richtlinie (NitratRL) wurde 2017 auch unter dem Druck eines EuGH- Urteils das Düngerecht zwar reformiert und klarer an die Sicherung der natürlichen Lebensgrundlagen gebunden, aber es blieb die Aufgabe, die DüngeVO zu novellieren um einen klaren, aber auch verlässlichen Rahmen für Landwirtinnen und Landwirte für die Flächenbewirtschaftung zu schaffen. Bereits ein Jahr später wurden die Befürchtungen klar, dass die Änderungen nicht ausreichend sind und es weiterer Änderungen bedarf. Die Hängepartie infolge unzureichender Kompromisse ging auf Kosten der Agrarbetriebe weiter.

Planungssicherheit zu schaffen bedeutet aber auch nicht nur die Symptome schnellstmöglich zu lindern, sondern die Ursachen an der Wurzel zu packen. Ein einfaches Weiter so ist keine Option. Dazu gehört, dass dringend die strukturellen Probleme in der Landwirtschaft gelöst werden müssen. Die Fraktion DIE LINKE hat dazu einen aktualisierten Antrag aus der vergangenen Wahlperiode „Nutztierhaltung an Fläche binden“ (Drucksache 19/15120) erneut in das parlamentarische Verfahren eingebracht. Die Diskussion am Mittwoch im Ausschuss für Ernährung und Landwirtschaft zeigte, wie dringend und groß der Gesprächsbedarf ist, wenn man das Ziel einer flächengebundenen Tierhaltung ernst meint, um ökologische Probleme zu lösen und den notwendigen Umbau sozial zu gestalten.  Studien zeigen, dass die höchsten Emissionen in der Landwirtschaft aus Düngeüberschüssen durch die Verwendung der in der Nutztierhaltung anfallenden Wirtschaftsdünger (Festmist und Gülle) stammen. Das Problem verstärkt sich regional dort, wo es sehr hohe regionale Nutztierbestände gibt, die zu negativen Ballungseffekten führt wie z.B. Nährstoffüberschüsse, Ammoniakemissionen, Geruchs-, Staub- und Lärmbelästigungen sowie Tierseuchengefahren. Um Betriebs- und Nährstoffkreisläufe regional zu schließen und Überbelastungen in Regionen und am Standort zu vermeiden, bietet die flächengebundene Tierhaltung eine Lösungsmöglichkeit. Die Größe der Nutztierbestände wäre damit an ausreichend verfügbare landwirtschaftliche Flächen gebunden, um den Futtermittelbedarf im Wesentlichen aus der Region zu decken sowie die Menge an Wirtschaftsdünger in der Region umwelt- und klimagerecht nutzen zu können. Dieses Konzept einer flächengebundenen Tierhaltung ist kein neues Modell und sie ist sogar Teil der Nutztierstrategie des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft. Nur konkrete Maßnahmen fehlen bis heute und die Ernsthaftigkeit dieses Ziels ist zumindest fraglich. Da aber das Ziel fraktionsübergreifend geteilt wird hat DIE LINKE das Angebot gemacht, den Antrag noch nicht abzustimmen, wenn weiter ernsthaft über Lösungen diskutiert wird. Dieses Angebot wurde angenommen.

Passend zu unserem Antrag hat das Kompetenznetzwerk Nutztierhaltung (die so genannte Borchert – Kommission, benannt nach dem Leiter, den Bundesagrarminister a. D. Jochen Borchert) diese Woche ihre Empfehlungen der Landwirtschaftsministerin überreicht. Ein weitgehender Vorschlag, der ebenso einen massiven Umbau der Nutztierhaltung in Deutschland bedeuten würde. Für den Umbau ist laut dem Kompetenznetzwerk ein Investitions- und Förderbedarf von 3,6 Milliarden € pro Jahr nötig. Was aber nicht geht, ist, wenn z. B. über eine Fleischabgabe“ ausgerechnet einkommensschwache Haushalte die Zeche für eine konzernfreundliche Agrarpolitik zahlen sollen, während Handelskonzerne weiter auch von billigem Fleisch profitieren. Damit der Umbau auch sozial verträglich gestaltet wird, muss genug Geld zur Verfügung stehen und direkt in den Umbau fließen. Dazu muss das gesamte Ernährungssystem mit einbezogen werden und nicht wieder nur die Verbraucherinnen und Verbraucher. Solange die übergroße Marktmacht von Handels-, Molkerei- und Schlachtkonzernen kostendeckende Erzeugerpreise verweigert, bleibt es beim falschen System. Und übrigens ist das nicht nur der Grund für schwierige Haltungsbedingungen, sondern auch dafür, dass immer mehr tierhaltende Betriebe aufgeben müssen. Deshalb stellt sich die Frage umso schärfer, ob dieser Enteignung über den Markt weiter tatenlos zugesehen oder der Prozess an Gemeinwohlzielen orientiert und sozial gestaltet wird.

Die 40 Cent mehr pro kg Fleisch würden an dieser Ursache der Probleme gar nichts ändern. Es wäre zwar mehr Geld für den Umbau vorhanden, es käme aber aus den Taschen derer, die zum Problem wenig oder gar nicht beigetragen haben, während die Profiteurinnen und Profiteure des falschen Systems unbehelligt bleiben. Das vorangestellte Ziel, einen neuen gesellschaftlichen Konsens zu erreichen, was die Landwirtschaft allgemein und die Nutztierhaltung speziell leisten soll, geht verloren.

Eine LINKE Agrarpolitik ist daher dringender denn je um den Umbau der Nutztierhaltung sowohl Umwelt als auch sozialverträglich zu gestalten. Das gehört zur Ehrlichkeit und zur Übernahme politischer Verantwortung für diesen Teil der Lebensmittelproduktion.

Hier der Antrag „Nutztierhaltung an Fläche binden“ (Drs. 19/15120)