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DIE LINKE hat das Thema Afrikanische Schweinegrippe diese Woche erneut auf die Agenda im Ausschuss für Ernährung und Landwirtschaft gebracht, denn im Falle einer Einschleppung ist Deutschland mit seinen traditionell hohen Schwarzwilddichten und als zweitgrößter Schweinefleischproduzent in der EU mehr als herausgefordert.

Afrikanische Schweinepest ist eine große Gefahr

von Kirsten Tackmann

Die Afrikanische Schweinepest (ASP) in unseren östlichen Nachbarländern ist eine sehr ernsthafte Bedrohung für die Hausschweinebestände und das Schwarzwild. Entscheidungen zur Minimierung des Schadens im Seuchenfall sind wichtig, aber die Reduzierung des Einschleppungsrisikos hat oberste Priorität. Teilweise mit drastischen Maßnahmen. Dänemark z. B. will entlang der deutsch-dänischen Grenze einen 70 Kilometer langen Zaun gegen das Schwarzwild für umgerechnet mehr als 10 Millionen Euro errichten. Auch in Polen wird gerade ein Regierungsentwurf debattiert, der einen über Tausend Kilometer langen Wildzaun entlang der polnischen Grenze zur Ukraine und Weißrussland für umgerechnet über 50 Millionen Euro vorsieht. Skepsis gegenüber dem Sinn dieser Maßnahmen ist angebracht, denn das Hauptrisiko für die Einschleppung ist nicht das Schwarzwild, sondern der Mensch. Andererseits ist unterdessen auch klar, dass das Schwarzwild entscheidend für die Verschleppung vor Ort ist, insbesondere die Größe der Bestände.

DIE LINKE hat das Thema ASP diese Woche erneut auf die Agenda im Ausschuss für Ernährung und Landwirtschaft gebracht. Professor Thomas Mettenleiter, Präsident des Friedrich Loeffler-Instituts, bestätigte erneut, dass die Einschleppung am wahrscheinlichsten über eine so genannte Sprunginfektion erfolgt, also über große Distanzen. Hauptrisiko sind unachtsam weggeworfene Lebensmittel (Schwein, Schwarzwild), die aus einem ASP-Gebiet stammen und zu denen das heimische Schwarzwild Zugang hat. Sauberkeit an den Rastplätzen und zielgruppenspezifische Informationen in mehreren Sprachen sind deshalb ein wichtiger Schritt zur Reduzierung dieses Risikos. Wenn es dennoch in Deutschland – und das ist nach Einschätzung des Friedrich Loeffler-Instituts sehr wahrscheinlich – zu einem ASP-Ausbruch kommt, muss er so schnell wie irgend möglich erkannt sowie unverzüglich und konsequent Maßnahmen gegen eine weitere Ausbreitung und Schadensminimierung vor Ort ergriffen werden.

Wir unterstützen das Vorhaben der Bundesregierung, in intensiver Abstimmung mit den für die Tierseuchenbekämpfung zuständigen Bundesländern deren Befugnisse zu erweitern. Dazu hat sie sowohl Änderungen des Tiergesundheitsgesetzes als auch des Bundesjagdgesetzes beschlossen und dem Bundestag zugeleitet. So sollen Ernteverbote sowie der Einsatz von beauftragten Jagdausübungsberechtigten (ergänzend zur Jägerschaft vor Ort) zur verstärkten Schwarzwild – Bejagung ermöglicht werden, um eine Verschleppung des Virus zu verhindern. Auch Umzäunungen des Ausbruchsgebietes gehören zu den Maßnahmen, was offensichtlich in Tschechien sehr erfolgreich angewandt wird.

Inzwischen ist bekannt, dass auch die Wildschweindichte in der betroffenen Region entscheidend für den Erfolg der Bekämpfung der ASP ist. Präventive Bestandsreduzierung sind deshalb wichtig, aber auch ohne ASP-Risiko längst überfällig. Die historisch hohen und weiter wachsenden Wildschweinbestände müssen endlich konsequent, aber natürlich tierschutz- und waidgerecht, reduziert werden. Zumal aufgrund der hohen Sterberate bei der ASP viele Schwarzkittel ohnehin verenden würden. Dazu braucht die Jägerschaft Unterstützung, z. B. durch eine Unterstützung für die Schwarzwildfleisch-Vermarktung, Prämien oder Sonderurlaub.

Die verstärkte Jagd reduziert das Risiko für die Hausschweine- Haltungen, die aber auch selbst durch erhöhte Biosicherheitsmaßnahmen zu ihrem Schutz beitragen müssen. Denn eines muss völlig klar sein: taucht in Deutschland der erste ASP-Fall auf, wird das handelspolitische Folgen haben, die über die unmittelbar betroffene Region hinausgehen – ganz unabhängig davon, wie schnell und konsequent es gelingt, die Ausbreitung aufzuhalten.

Deutschland hat EU-weit nach Spanien, die größte Schweineproduktion. Inzwischen wird mehr Schweinefleisch produziert und verarbeitet, als in Deutschland selbst konsumiert wird. Während im EU-Binnenmarkt Ausfuhren – vermutlich zu stark fallenden Preisen – weiter möglich bleiben könnten, hat z. B. China als wichtigstes Drittexportland für deutsches Schweinefleisch bereits angekündigt, einen Exportstopp für das ganze Land zu verhängen. Als Land mit dem größten Schweinebestand weltweit ist China verständlicherweise extrem vorsichtig und wird sich auch nicht auf handelspolitische Kompromisse, wie sie im Moment gefordert werden, einlassen. Wenn das geschieht, könnte das die schweinehaltenden Betriebe und die Verarbeitungsindustrie kollabieren lassen.

Niemanden lässt dieses Krisenszenario kalt. Aber leider beweist es auch, wie gefährlich die exportorientierte EU-Agrarpolitik ist. Nicht nur im Falle von Handelsrestriktionen. Denn die globalen Handels- und Warenströme erhöhen natürlich auch die Gefahr der Einschleppung von Infektionserregern. Und Megaställe mit mehreren 10.000 Schweinen oder auch Regionen mit extrem hohen Schweinedichten wie in Niedersachsen oder NRW sind für die Tierseuchenbekämpfung extreme Herausforderungen. Auch deshalb fordert DIE LINKE seit Jahren, die Tierbestände in Regionen und an Standorten zu deckeln.