Herdenschutz ist Wolfsschutz
Das ist nicht nur der Titel eines aktuellen Antrages, den DIE LINKE nächste Woche im Agrarausschuss des Bundestags zur Debatte stellt, sondern ist seit Jahren ein Leitgedanke unserer parlamentarischen Arbeit. Nur mit einem effektiven und vorsorglichen Herdenschutz wird der Wolf in unserer Gesellschaft Akzeptanz finden wird.
In einem Fachgespräch des Landwirtschaftsausschusses vor wenigen Tagen waren sich die sechs eingeladenen Expert_innen in überraschend vielen Punkten einig. Ob sie nun aus der Forschung, aus dem Naturschutz oder direkt aus der Praxis kamen: Alle sehen Lösungen für die drei Konfliktbereiche: Ängste der Menschen und ihr Sicherheitsbedürfnis, der Herdenschutz und die Jagd.
Nach Einschätzung der Expert_innen ist der Herdenschutz ein Dreh und Angelpunkt. Hier wurden gleichzeitig die meisten Fortschritte erzielt. Naturschutz und weidetierhaltende Betriebe haben beim Umgang mit dem Wolf ein gemeinsames Interesse: Verletzungen oder gar den Tod von Nutztieren zu verhindern. Das ist die Grundlage für eine gute Zusammenarbeit, die vor allem dort funktioniert, wo der Wolf schon jahrelang siedelt beziehungsweise wo man sich auf eine Wiederbesiedlung gut vorbereitet hat, beispielsweise in Brandenburg oder Sachsen.
Wölfe sind Opportunisten, sie wägen Aufwand und Nutzen sowie eigene Gefahr ab. Übergriffe auf geschützte Weidetiere sind sehr selten und beruhen oft auf gelerntem Verhalten durch ungeschützte Weiden. Die berufliche Tierhaltung hat unterdessen mit (noch nicht ausreichender) öffentlicher Unterstützung vor allem in wolfserfahrenen Regionen den Herdenschutz meist an die Anforderungen angepasst und wertvolle Erfahrungen gesammelt.
Probleme sehen die Expert_innen in Gebieten ohne ausreichenden Herdenschutz. Wenn der Wolf auf den Weiden leichte Beute findet, wird er sie nutzen und das Verhalten auch an seine Welpen weitergeben. Deshalb plädieren sie für einen flächendeckenden Herdenschutz, also auch bei Hobbyhaltungen und auch in Wolfserwartungsregionen. Durch wolfssichere Zäunung, aber auch durch Herdenschutzhunde. Aber es gibt auch noch offene Fragen. Welche Hunderassen sind z. B. geeignet? Sie müssen einen Angriff auf die Herde abwehren, dürfen sich aber durch Spaziergänger_innen nicht aus der Ruhe bringen lassen. Die AG Herdenschutz hat hier seit Jahren Pionierarbeit geleistet. Sie sind überzeugt, dass Zucht und Ausbildung nicht in private Hände gehören. Diese Initiativen brauchen unsere volle Unterstützung, weil hier reale Hilfe für Weidetierhalter_innen praktiziert wird. Weiterbildung, Erfahrungsaustausch, Anleitung am praktischen Beispiel sind entscheidend.
Aber es wurde auch enormer Forschungsbedarf angemahnt, zum Beispiel zur Höhe der realen Wildbestände und ihre Wechselwirkung mit dem Wolf.
Die Fachleute haben die inhaltlichen Forderungen im Antrag der LINKEN bestätigt. Es müssen dringend bundesweite Standards entwickelt werden. Beim Herdenschutz, bei Monitoring, Schadensfeststellung, notwendige Unterstützungsmaßnahmen sowie bei der Aufklärungs- und Öffentlichkeitarbeit. Das ist nur auf Bundesebene möglich. Angesichts dieser fachlichen Unterstützung kann die Koalition in der nächsten Woche unseren Antrag für ein Bundes-Wolfs-und Herdenschutz- Kompetenzzentrum eigentlich nicht ablehnen.