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In der Sitzung des Bundestagsausschusses für Ernährung und Landwirtschaft am 13. November wurde auf Initiative der LINKEN ein Vorgang diskutiert, der bei allen die Alarmglocken schrillen lassen muss, die für eine natur-, klima- und tiergerechte Landwirtschaft kämpfen, von der man auch leben kann.

Die ALDI Nord AG geht nämlich gerade auf Shoppingtour. Offensichtlich sollen nicht mehr nur möglich billige Lebensmittel zum eigenen Wohl, aber auf Kosten der Agrarbetriebe verkauft werden, sondern sie wollen sie gleich noch billiger auf unser aller Kosten produzieren. Dazu brauchen sie Landwirtschaftsflächen. Diese können Landwirtschaftsfremde nicht so einfach erwerben, weil das Grundstücksverkehrsgesetz Hürden aufstellt. Die sind unterdessen zwar auch nicht mehr unüberwindbar, aber es geht noch viel einfacher und ohne „staatliche Bevormundung“. Denn man kann dieses Gesetz leicht umgehen, indem man die Flächen indirekt erwirbt. Und das geht so: man kauft die Anteile an Agrarbetrieben und bekommt die Flächen gleich mit. Und damit das nicht gleich so auffällt, macht man selbst das nicht direkt, sondern über mehr oder weniger verschleierte Netzwerke.

Aktuelles Beispiel: die Geithainer Landwirtschafts GmbH in der Nähe von Leipzig. Der Geschäftsführer (und ehemalige Präsident des Thüringer Bauernverbands) übertrug am 27. September 2019 die Geschäftsführung an Constantin Freiherr von Reitzenstein aus Bayern und Friedrich Stute aus Wolfsburg. Beide führen seit 2018 als gemeinsame Geschäftsführer die Geschäfte der Boscor Land- und Forstwirtschaft Verwaltungs GmbH mit Sitz in Issigau im Landkreis Hof in Oberfranken. Dieses Unternehmen gehört wiederum zu hundert Prozent der Lukas-Stiftung von Aldi-Nord. Vorsitzender der Stiftung, die ein Milliardenvermögen verwaltet, ist Theo Albrecht junior, Sohn des Aldi-Gründers Theo Albrecht. Klingt merkwürdig, ist aber so.

Dabei ist der Deal in Geithain kein Einzelfall. Kurz zuvor hatte die Lukas-Stiftung den Agrarbetrieb Kayna im Süden Sachsen-Anhalts gekauft, zwischen Zeitz und Altenburg gelegen. Geschäftsführer sind auch dort, wie in Geithain: Freiherr von Reitzenstein und Herr Stute. Ein Schelm, der Böses dabei denkt.

Diese Aktivitäten landwirtschaftsfremder Investoren und die Rechtslücken kritisiert DIE LINKE schon seit vielen Jahren. Mit diesen nahezu unregulierten Anteilskäufen, sogenannten Share Deals, wird auch die Grunderwerbssteuer umgangen, die aktuell erst ab einer Schwelle von über 95 Prozent Anteilen fällig wird. Niedrige Zinsen verstärken die Begehrlichkeiten in (vermeintlich) feste Kapitalanlagen.

Die Bodenpreise, die neben den meistbietenden Verkäufen bundeseigener Flächen durch die BVVG auch durch die Investoren-Geschäftsmodelle explodiert sind, können sich zudem meist sowieso nur Großunternehmen leisten. Ortsansässige Landwirte könnten selbst nach dem Grundstückverkehrsgesetz nur zum gleichen Preisgebot einsteigen, was mit landwirtschaftlicher Arbeit nicht zu erwirtschaften ist. Wenn überhaupt können sie die Flächen pachten, aber oft auch nur zu überhöhten Preisen.

Merkmal landwirtschaftsfremd gesteuerter Agrarbetriebe ist nicht nur die Fernsteuerung, sondern noch mehr Zwang zur Kostenminimierung. Beschäftigte oder Tierproduktion sind riskant und mindern nur Profite. Davon betroffen sind laut aktuellen Studien des Thünen-Instituts vor allem Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen-Anhalt.

Nicht nur im Bund, sondern auch in Brandenburg und Thüringen hat DIE LINKEN dagegen längst die Initiative ergriffen. So wurde in Brandenburg in verschiedenen Veranstaltungen und im Rahmen einer Agrar-Dialog-Tour im Sommer eine Agrarleitbilddebatte mit interessierten Bürgerinnen und handelnden Akteuren begonnen. Ein solches Agrarleitbild ist Grundvoraussetzung für eine regulierende Bodenpolitik. Diese wird nun in beiden Bundesländern intensiv weiter verfolgt.

Was wir brauchen, ist aber endlich eine Initiative der Bundesregierung, die den Namen auch wirklich verdient. Schon bei der Debatte zum Agrarstatistikgesetz wurden unsere jahrelangen Forderungen für mehr Transparenz auf dem Bodenmarkt nur teilweise aufgegriffen. Die Initiativen zur Grunderwerbssteuer und den Regelungen zu Share Deals sind ins Stocken geraten. DIE LINKE hat sehr konkrete Vorstellungen, die unterdessen selbst im Bundeslandwirtschaftsministerium angekommen scheinen, wie auch in der Agrarausschusssitzung am 13. November durch den Parlamentarischen Staatssekretär Fuchtel bestätigt wurde. So hält auch das BMEL jetzt eine Absenkung der Auslöseschwelle von 95 auf 90 Prozent Unternehmensanteil für die Erhebung der Grunderwerbssteuer für viel zu gering. Allerdings blieb die Bundesregierung auch bei der Forderung, die Länder mögen die notwendigen gesellschaftsrechtlichen Korrekturen im Grundstücksverkehrsgesetz vornehmen. Die Antwort auf die Fragen, wie das geschehen soll und wie angesichts der oft verschleierten Netzwerke der Vollzug gesichert werden soll, wenn der Bund seine Hausaufgaben nicht macht, blieb der Staatssekretär schuldig. Dabei sind nur bundeseinheitliche Regelungen rechtsicher.

Die Debatte zu bundesweit den Share Deals ist längst nicht zu Ende und DIE LINKE bleibt am Ball.

Hier der LINKE Entschließungsantrag AgrarStatG (Drs. 19/10677).
Hier der LINKE Änderungsantrag zum Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Änderung des AgrarStatG.

Hier der LINKE Antrag Share Deals – Steuervermeidung bei Immobiliengeschäften bekämpfen (Drs. 19/10067)
Hier das LINKE  Positionspapier Share Deals ausbremsen