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!! ACHTUNG!! DIESE SEITE WIRD NICHT MEHR AKTUALISIERT. Bitte wenden Sie sich mit Ihren Anliegen nach dem Ende des Mandats von Dr. Kirsten Tackmann am 26.10.2021 an die aktuelle Linksfraktion im Bundestag. Für die vertrauensvolle Zusammenarbeit und konstruktive Kritik der vergangenen 16 Jahre möchten wir uns an dieser Stelle herzlich bedanken.

Der Entwurf der neuen EU-Öko-Verordnung, den der Kommissar vorgelegt hat, geht am selbst gesteckten Ziel vollkommen vorbei. Er legt sogar die Axt an die Wurzeln des Ökolandbaus. Diese Kritik teilen zum Glück wirklich alle Fraktionen hier im Bundestag.

Dr. Kirsten Tackmann (DIE LINKE):

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Gäste! Ich möchte daran erinnern: Es geht heute um die Zukunft von 35 000 Betrieben, die über 1 Million Hektar Fläche bewirtschaften, also um nicht wenig.

Ich kann mich noch gut erinnern, dass EU-Kommissar Ciolos uns am Rande der Grünen Woche darüber informierte, dass er die EU-Ökoverordnung novellieren möchte, also den Rechtsrahmen für den Ökolandbau. Seine Begründung war zunächst einmal durchaus nachzuvollziehen. Natürlich ist auch der Ökolandbau keine heile Welt. Der mächtige Lebensmittelhandel knebelt auch hier die Erzeugerbetriebe. Manchmal riecht es auch bei Bio ein bisschen sehr nach Werbekampagne. Es gibt Ausnahmeregelungen, die unterdessen eher zur Regel geworden sind. Die Ökobilanz eines argentinischen Apfels ist vielleicht in Argentinien noch gut, aber im deutschen Supermarkt eher übersichtlich. Deshalb ist die Diskussion richtig und wichtig, wie wir das Vertrauen in Bio wieder stärken können.

(Beifall bei der LINKEN)

Die Glaubwürdigkeit von Bio ist genau die harte Währung, die Bio braucht. Ich finde den Anspruch vollkommen richtig, dass natürlich auch bei Importen in die EU Bio drin sein muss, wenn Bio draufsteht.

(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Der Entwurf der neuen EU-Öko-Verordnung, den der Kommissar dann vorgelegt hat, geht allerdings am selbst gesteckten Ziel vollkommen vorbei. Er legt sogar die Axt an die Wurzeln des Ökolandbaus. Diese Kritik teilen zum Glück wirklich alle Fraktionen hier im Bundestag. Der wichtigste Streitpunkt für uns ist der Plan, quasi die Definition des Ökolandbaus zu ändern. Grundidee des Ökolandbaus ist nämlich, Lebensmittel ökologischer zu produzieren. Es geht also um umweltverträgliche Prozessqualität. Das muss auch dringend so bleiben. Die Kommission dagegen will eine Neudefinition über die Produktqualität. Dazu will sie für Lebensmittel aus ökologischer Produktion andere Grenzwerte als für Lebensmittel aus konventioneller Produktion festlegen. Das widerspricht nun wieder der grundsätzlichen Aufgabe von Grenzwerten; denn natürlich müssen Grenzwerte in jedem Fall sicherstellen, dass der Verzehr von Lebensmitteln unbedenklich ist.

(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Friedrich Ostendorff (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Sie sind kein Qualitätssiegel, und sie dürfen es auch nicht werden ‑ egal aus welcher Produktionsrichtung.

(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Im Ergebnis würde diese neue Verordnung ‑ der Minister hat schon darauf hingewiesen ‑ den Ökolandbau schwächen und nicht stärken. Ökobetriebe und konventionelle Betriebe würden in diesem Fall sogar gegeneinander ausgespielt. Auch das dürfen wir nicht zulassen. Deshalb sage ich für die Linke ganz klar: Dieser Entwurf muss vom Tisch. In dieser Frage gibt es sogar einen ungewöhnlich breiten Schulterschluss, nicht nur hier im Haus, sondern sogar zwischen dem Deutschen Bauernverband und den Ökolandbauverbänden. Das ist nach meiner Kenntnis ein Novum in der Geschichte des Ökolandbaus.

Wir hatten der Koalition angeboten, mit einem gemeinsamen Antrag zu signalisieren, dass wir alle dieser Meinung sind. Leider ist dieser nicht zustande gekommen. Das ist parlamentarischer Kindergarten. Damit wird aus meiner Sicht in Brüssel eine Chance verspielt. Das ist einerseits schade. Andererseits werden wir natürlich erstens dem Antrag der Koalition zustimmen, und zweitens hatten wir die Gelegenheit, mit den Grünen gemeinsam einen sehr viel qualifizierteren und umfassenderen Antrag vorzulegen.

(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Denn zur Stärkung des Ökolandbaus muss natürlich viel mehr getan werden, als in Brüssel nach einem neuen und besseren Entwurf zu rufen. Die Stärkung des Ökolandbaus ist dabei für die Linke nicht Klientelpolitik, sondern ein Gebot der Vernunft, wobei wir zumindest wichtig finden, dass die nachhaltige Produktion auf allen Flächen, auf allen Wiesen und in allen Ställen stattfindet.

Der Ökolandbau hat unbestritten viele positive Effekte. Es ist doch zum Beispiel ökologisch vernünftig, wenn Tierhaltung und Flächenbewirtschaftung aneinander gekoppelt sind und das benötigte Futter vor Ort angebaut wird.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Ökolandbau ist nicht nur schonender für Boden, Gewässer, Klima und biologische Vielfalt, sondern auch sozial vernünftig, weil er mehr Menschen beschäftigt, und zwar mit guter Arbeit.

(Beifall der Abg. Karin Binder (DIE LINKE))

Biolebensmittel erfreuen sich einer so schnell wachsenden Beliebtheit, dass die einheimische Produktion überhaupt nicht hinterherkommt. Deswegen ist es auch volkswirtschaftlich sinnvoll, den Ökolandbau zu stärken.

Es ist also in unser aller Interesse, einen vernünftigen und vor allen Dingen verlässlichen Rechtsrahmen für den Ökolandbau zu organisieren. Nach unserer Einschätzung werden noch mehr Forschungsmittel gebraucht, um einige Fragen im Ökolandbau besser zu beantworten, und bessere regionale Verarbeitungs- und Vermarktungsmöglichkeiten. Heute aber spielen wir zunächst einmal den Ball zum designierten EU-Agrarkommissar Hogan. Die Iren haben ja gerade bewiesen, dass sie in der Nachspielzeit noch Tore schießen können. Insofern bin ich da sehr optimistisch.

(Franz-Josef Holzenkamp (CDU/CSU): Schlechtes Beispiel!)

Unsere Unterstützung hätte er, die vieler europäischer Parlamentarier auch. Jetzt ist Nachspielzeit.

Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Hier der gemeinsame Antrag der Grünen und LINKEN.