Herr Präsident! Frau Ministerin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
In dieser Debatte geht es um Agroforstsysteme, also um die Kombination des Anbaus von Bäumen und Ackerkulturen oder auch Weidetierhaltung. Klingt selbstverständlich, ist in unserem Land aber nahezu revolutionär. Denn seit 200 Jahren wurde der Graben zwischen der Land- und Forstwirtschaft fast unüberwindbar vertieft, und in der Zeitschleife hängt der Kollege Busen auch noch. In anderen Ländern versteht man diesen Konflikt überhaupt nicht. Kakao zum Beispiel wächst im Schatten von Bäumen, das berühmte Ibérico-Schwein wird unter Bäumen gehalten.
Aber in Deutschland gab es bisher viele Vorbehalte dagegen und Hürden. Dabei gibt es bereits spannende Erfahrung mit Agroforstsystemen in Deutschland. Trotzdem war geradezu Pioniergeist notwendig, als im Juni 2019 der Deutsche Fachverband für Agroforstwirtschaft, DeFAF, gegründet wurde. Aber er hat richtig Dynamik in das Thema gebracht, und dafür großen Dank.
(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Harald Ebner (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))
Denn Agroforstsysteme sind ein wichtiger Baustein für eine klimaschonendere und naturschutzgemäße Agrarproduktion. Die ist übrigens auch im eigenen Interesse der Landwirtschaft; denn Starkregen, Spätfröste oder Dürren sind Ernte-, aber eben auch Einkommensrisiken in den Agrarbetrieben. Ernterisiken können ganz schnell zu Versorgungsrisiken werden. Das dürfen wir nicht vergessen.
(Beifall bei der LINKEN)
Auch das Verschwinden von Bestäubern bedroht die Ernte, auch Einkommen und Versorgung.
Gute Landwirtschaft geht uns also alle was an. Dabei geht es oft gar nicht darum, Dinge neu zu erfinden. Oft reicht es schon, traditionelles Wissen neu aufzugreifen, es anzupassen und weiterzuentwickeln. Und genau so ein Beispiel sind die Agroforstsysteme. Mich interessiert – vielen Dank, Frau Mackensen – dieses Thema schon sehr, sehr lange. Gerade als Linke will ich, dass die Potenziale von Bäumen auf Äckern und Weiden endlich auch bei uns gut genutzt werden können.
(Beifall bei der LINKEN)
Dafür hatte ich übrigens schon vor einigen Jahren eine Ausschussreise nach Frankreich und Großbritannien initiiert; an das Versuchsgut in der Nähe von Montpellier kann ich mich noch sehr gut erinnern. Die positiven Wechselwirkungen dort zwischen Weizen und Walnuss oder Weiden und Speierling waren damals für mich sehr beeindruckend. Diese positiven Wechselwirkungen werden noch deutlicher angesichts des beginnenden Klimawandels, aber auch mit wachsenden Erfahrungen und dem praktischen Umgang mit solchen Systemen.
Aber mindestens genauso beeindruckt war ich von dem völlig neuen Agrarlandschaftseindruck. Dieses landwirtschaftlich intensiv genutzte Versuchsgut wirkte wie ein großer Landschaftspark. Und auch viele Lebewesen haben dort neue Lebensräume gefunden. Und ja, als Tierärztin sage ich auch: Bäume gehören auch als natürliche Schattenspender auf Weiden, erst recht nach den Hitzesommern. Und sie gehören auch in die Freilandhaltung von Hühnern; denn Hühner sind eigentlich Waldbewohnende.
All das spricht eben für Agroforstsysteme. Deswegen hatte Die Linke als erste Fraktion bereits vor einem Jahr einen Antrag vorgelegt. Wir haben das Fachgespräch initiiert. Es ist gut, dass heute der Antrag der Koalition vorliegt. Wir werden diesem auch zustimmen; denn es muss jetzt endlich vorangehen.
Vielen Dank.
(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der Abg. Harald Ebner (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) und Alois Gerig (CDU/CSU))
Hier der Antrag der Linksfraktion „Agroforstwirtschaft möglich machen“ (Drs. 19/14374).
Hier die gesamte Plenardebatte zu Agroforstwirtschaft.