EU–Agrarförderung muss drei Krisen lösen
Am Donnerstag wurde das lange erwartete Gesetzespaket zur zukünftigen EU-Agrarförderung in das parlamentarische Verfahren eingebracht. Und das, obwohl auf EU-Ebene noch gar nicht alle Grundsatzentscheidungen gefallen sind. Aktuelle ringt die portugiesische Ratspräsidentschaft noch im Trilog mit EU-Kommission und Europäischem Parlament um Kompromisse, aber es bleibt unklar, ob das gelingt. Trotzdem müssen die Mitgliedsstaaten bis Anfang 2022 einen Strategieplan für die neue Förderperiode in Brüssel vorlegen. Angesichts der bevorstehenden Bundestagswahlen und zu erwartender schwieriger Koalitionsbildungen ist es notwendig, jetzt für unser Land auf der Grundlage der vorliegenden Beschlüsse schon Entscheidungen zu treffen. Außerdem müssen auch die Agrarbetriebe endlich wissen, wohin die Reise geht.
Die Linksfraktion hatte zudem ihren Antrag für einen Runden Tisch zur Sicherung der Freiland- und Weidetierhaltung passenderweise der Debatte zugelegt.
Beides sind sehr wichtige Themen. Aber als LINKE fühlt man sich bei agrarpolitischen Debatten aktuell in einer Zwickmühle. Denn es läuft so viel im Agrar- und Ernährungssystem falsch, dass selbst richtige Korrekturen hier und da nur wenig helfen. Eine konzernfreundliche Agrarpolitik auf EU- und Bundesebene hat viele Agrarbetriebe in eine Sackgasse gefahren. Nun werden sie zerrieben zwischen drei gleichzeitigen Krisen: der Klimakrise, der ökologischen Krise und ihrer eigenen sozialen Krise. Und diese Krisen haben eine gemeinsame Ursache: ein Wirtschaftssystem, das profitgetrieben ist statt von Vernunft. Solange das nicht geändert wird, geht es nicht um Genesung, sondern nur um Symptomlinderung. Aber als Tierärztin weiß man natürlich, dass auch sie wichtig sein kann.
Und so betrachtet ist beim jetzigen Stand der Diskussion zur zukünftigen EU-Agrarförderung nach langen Kämpfen das Glas wohl eher halbvoll als halbleer. Denn die Gelder werden zukünftig zumindest stärker an Maßnahmen für mehr biologische Vielfalt oder zum Klimaschutz gebunden. Das ist richtig so! Aber die Umsetzung ist auch eine Herausforderung für die Agrarbetriebe. Und ob das reicht angesichts der Herausforderungen der drei Krisen in der Landwirtschaft, ist offen. Zumal wichtige Entscheidungen auf EU-Ebene eben noch ausstehen.
Zum Beispiel Entscheidungen zur Einkommenswirksamkeit der Agrarförderung. Bisher werden nämlich nur die Kosten der Fördermaßnahmen erstattet. Aber natürlich wird ein Agrarbetrieb, der ums Überleben kämpft, eher mehr für Klima und Natur leisten, wenn er damit gleichzeitig seine eigene soziale Lage verbessern kann! Auch deshalb ist uns LINKEN so wichtig, dass die EU-Agrarförderung auch sozial wirkt!
Dazu wird z. B. die Weidetierprämie beitragen, die nun endlich kommen soll. Als LINKE fordern wir sie seit Jahren. Weidetierhaltende dürfen nicht länger an der Armutsgrenze arbeiten müssen! Aber warum denn erst ab 2023? Das kann schon für 2022 beschlossen werden und DIE LINKE wird das auch beantragen. Denn ausgerechnet diese Tierhaltung steht durch viele Zielkonflikte massiv unter Druck. Umso wichtiger wäre der Runde Tisch zur Sicherung der Zukunft der Freiland- und Weidetierhaltung, den die Linksfraktion beantragt hat. Dass die Mehrheit diesen breiten Dialog verweigert, ist absurd!
Gut ist, dass Agroforstsysteme, also die Baumnutzung in der Landwirtschaft, zukünftig gefördert wird. Auch das hat DIE LINKE lange gefordert. Warum aber nur auf Äckern? Auf dem Grünland ist das genauso sinnvoll, wenn es keine naturschutzfachlichen Einwände vor Ort gibt. Zum Beispiel wären Bäume als Schattenspender für Weidetiere sogar wichtig. Das muss gefördert werden!
Und auch Frauen müssen mehr von den Agrar-Fördermitteln profitieren.
Ziel muss sein die Agrarbetriebe zu fördern, die Verbündete für mehr Nachhaltigkeit sind oder sein wollen. Dazu gehören auch Agrargenossenschaften.